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33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Regensburg, 22.09. - 25.09.2016

Dysphagie infolge einer isolierten oesophago-trachealen Fistel bei einem Neugeborenen

Poster

  • corresponding author presenting/speaker Rainer Müller - Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • author Christian Kruppa - Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • author Martin Laaß - Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • author Christian Vogelberg - Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 33. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Regensburg, 22.-25.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP13

doi: 10.3205/16dgpp22, urn:nbn:de:0183-16dgpp228

Published: September 8, 2016

© 2016 Müller et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Ursache einer Dysphagie im Säuglingsalter können angeborene Fisteln bei einer Fehlbildung von Speise- und Luftröhre sein (Häufigkeit 1 von 2.000 bis 4.000 Lebendgeburten). Isolierte Fisteln treten bei 1 zu 80.000 Geburten auf.

Fallbericht:

Anamnese: Nach Geburt zeigte das reife Neugeborene (41 SSW) beim Füttern auffällige Sättigungsabfälle, kurze Bradykardien, Hustenanfälle. Nach Übergang auf Sondierung war ein problemloser Kostaufbau möglich. Es bestand der Verdacht auf eine Larynxspalte oder oesophago-tracheale Fistel.

Befunde: Röntgen-Thorax: keine pneumonischen Infiltrate, kein Pleuraerguss, Röntgen-Oesophagus-Breischluck: Oesophago-tracheale Fistel (H-Typ), Phoniatrischer Befund: Stimmlippen weiß, glatt, seitengleich beweglich, bei Phonation dichter Schluss, Arytenoidregion bds. deutliche Rötung, Epiglottis regelrecht, keine Residuen von Speichel, geringe Milchrückstände als einzelne Fäden,Schluckreflex auslösbar, Logopädischer Befund: bei Stimulation sofort kräftiges, physiologisches Saug-Schluckmuster, Phonation danach nicht brodlig, Mundmotorik unauffällig, Speichel wird offensichtlich abgeschluckt, Sonografie Schädel und Nieren, ableitende Harnwege o. B., Echokardiografie: kleines PFO, noch offener Ductus arteriosus, Tracheobronchoskopie und Oesophaguskopie: hohe oesophago-tracheale Fistel.

Therapie: Es erfolgte der operative Verschluss der 3 mm großen, ca. 1 cm oberhalb der oberen Thoraxaperatur gelegenen oesophago-trachealen Fistel.

Fazit: Bei Schluckstörungen im Neugeborenenalter sollte differentialdiagnostisch auch an eine Larynxspalte oder eine oesopgago-tracheale Fistel gedacht werden.


Text

Einleitung

Ursache einer Dysphagie im Säuglingsalter können angeborene Fisteln bei einer Fehlbildung von Speise- und Luftröhre sein (Häufigkeit 1 von 2.000 bis 4.000 Lebendgeburten). Mädchen und Jungen sind gleich häufig betroffen. Isolierte Fisteln treten bei 1 zu 80.000 Geburten auf. Die oesophago-tracheale Fistel ist eine angeborene Verbindung der Lumina von Trachea und Oesophagus durch eine unvollständige Septierung in der Embryonalentwicklung. In 17 bis 70% der Betroffenen bestehen weitere Fehlbildungen (Verdauungstrakt 13%, anorectaler Bereich 14%, Genital- oder Urintrakt 14%, Wirbelsäule 10%, Lunge 4%, Chromosomenstörung 4%). Eine oesophago-tracheale Fistel tritt bei Syndromen wie Feingold-Syndrom, VACTERL-Assoziation und Beta-Blocker-Embryopathie auf.

Angeborene oesophagotracheale Fisteln werden wie folgt eingeteilt:

  • Oesophago-tracheale Fistel vom oberen Blindsack einer Oesophagusatresie in die Trachea mit ständigem Verschlucken von Speichel und sofortiger Aspiration beim Trinken
  • H-Fistel zwischen Oesophagus und Trachea mit normaler Passage durch die Speiseröhre, d.h. angeborene isolierte Fistel, je nach Weite der Fistel häufige oder seltene Aspiration beim Trinken
  • Tracheo-oesophageale Fistel vom Trachealsystem in den unteren Blindsack einer Oesophagusatresie mit Reflux von Mageninhalt und schwersten Symptomen
  • Oesophago-tracheale Fistel mit Fistelung des oberen und unteren Blindsackes einer Oesophagusatresie in die Trachea

Fallbericht

Anamnese: Nach Geburt per sekundärer Sectio caesarea bestand der Verdacht auf ein Amnioninfektionssyndrom. Das reife Neugeborene (41 SSW) zeigte auffällige Sättigungsabfälle, kurze Bradykardien, häufiges Spucken, insbesondere beim Füttern, beim Trinken trat wiederholt Husten auf. Das Kind war schläfrig, hypoton und trinkschwach. Nach dem Übergang auf eine Sondierung war ein problemloser Kostaufbau möglich. Es bestand der Verdacht auf eine Larynxspalte oder eine oesophago-tracheale Fistel.

Befunde: Röntgen-Thorax: keine pneumonischen Infiltrate, kein Pleuraerguss, Röntgen-Oesophagus-Breischluck: Oesophago-tracheale Fistel (H-Typ), Phoniatrischer Befund: Stimmlippen weiß, glatt, seitengleich beweglich, bei Phonation dichter Schluss, Arytenoidregion bds. deutliche Rötung, Epiglottis regelrecht, keine Residuen von Speichel, geringe Milchrückstände als einzelne Fäden, Schluckreflex auslösbar, Logopädischer Befund: bei Stimulation sofort kräftiges, physiologisches Saug-Schluckmuster, Phonation danach nicht brodlig, Mundmotorik unauffällig, Speichel wird offensichtlich abgeschluckt, Sonografie Schädel und Nieren, ableitende Harnwege o.B., Echokardiografie: kleines PFO, noch offener Ductus arteriosus, Tracheobronchoskopie und Oesophaguskopie am 9. Tag nach Geburt: hohe oesophago-tracheale Fistel.

Therapie: Es erfolgte der operative Verschluss der 3 mm großen, ca. 1 cm oberhalb der oberen Thoraxaperatur gelegenen oesophago-trachealen Fistel.

Diskussion

Bei Schluckstörungen im Neugeborenenalter sollte differentialdiagnostisch auch an eine Larynxspalte oder eine oesophago-tracheale Fistel gedacht werden. Hinweise auf eine oesophago-tracheale Fistel sind Hustenattacken, Erstickungsanfälle, chronisch-rezidivierende Aspirationspneumonien, Meteorismus, Trinkverweigerung, Zyanose bei Trinkversuchen, Lungenoberlappenatelektase. Kinder mit einer H-Fistel fallen häufig erst im Verlauf des 1. Lebensjahres durch Lungenkomplikationen auf. Diagnostisch besteht pränatal oft ein Hydramnion. Eine Sondierung des Magens ist erschwert oder nicht möglich. Die Diagnostik umfasst Röntgen Thorax, Röntgen Oesophagusbreischluck mit wässrigem Kontrastmittel, Sonografie des Schädels, der Nieren und der ableitenden Harnwege, Echokardiografie, Tracheobronchoskopie und Oesophagoskopie. Isolierte H-Fisteln befinden sich in der Regel in Höhe zwischen 6. Halswirbelkörper und 2. Brustwirbelkörper. Die Therapie besteht in einer operativen Versorgung. Eine frühe Diagnose verbessert die Prognose. Diese ist zusätzlich von weiteren Fehlbildungen abhängig.