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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Entwicklung der kardiovaskulären Risikofaktoren in Deutschland vor dem Hintergrund eines Screenings auf Bauchaortenaneurysmen – Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie mit über 26.000 Teilnehmern

Meeting Abstract

  • Christian-Alexander Behrendt - Universitäres Herzzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Reinhard Grundmann - Universitäres Herzzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Sebastian Debus - Universitäres Herzzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Franziska Heidemann - Universitäres Herzzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch554

doi: 10.3205/16dgch554, urn:nbn:de:0183-16dgch5540

Published: April 21, 2016

© 2016 Behrendt et al.
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Text

Einleitung: Das Bauchaortenaneurysma (AAA) hat eine Gesamtprävalenz von 4-8% der >65-jährigen Männer (0,5-1,5% bei Frauen). In mehreren Ländern wurden Screeningprogramme für Risikogruppen etabliert, wobei ein Nutzen bisher nur für Männer ab 65 Jahren nachgewiesen werden konnte. Die internationalen Screeningprogramme gehen dabei auf vier RCT zurück, deren Ergebnisse heute möglicherweise nicht mehr gültig sind. Aktuellen Studien zufolge ist ein deutlicher Rückgang der Inzidenz zu erkennen, was v.a. auf veränderte Rauchgewohnheiten und vermehrte Statineinnahme zurückgeführt wird. Hat sich die Verteilung der Risikofaktoren für das AAA in der arbeitenden Bevölkerung zwischen 2006 und 2014 signifikant verändert? Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede, die eine Verschiebung der Inzidenzen für zukünftige Screeningmaßnahmen erwarten lassen?

Material und Methoden: Von 2006 bis 2014 wurden in Deutschland insgesamt 16.866 berufstätige Männer und 9.722 berufstätige Frauen einem freiwilligen Gesundheitsscreening unterzogen. Im Rahmen einer fokussierten Befragung wurden ausgewählte kardiovaskuläre Risikofaktoren und Daten zur beruflichen Tätigkeiten dokumentiert. Zusätzlich fand eine Untersuchung der Halsgefäße, des Blutdrucks und relevanter Laborparameter statt. Die Daten der Erhebung wurden in relevante Subgruppen eingeteilt und anhand statistischer Testverfahren auf signifikante Veränderungen im Zeitverlauf überprüft.

Ergebnisse: Hinsichtlich Alter, Körpergröße und Gewicht ließ sich eine Normalverteilung beobachten. 16,7% der Männer und 16,1% der Frauen gaben an, regelmäßig Antihypertensiva einzunehmen. Innerhalb dieser Probandengruppe fielen noch 7,4% der Frauen und 3,3% der Männer mit einer schweren Hypertonie nach WHO auf. Die Häufigkeit der Einnahme von Antidiabetika (2,0% bzw. 1,4%) sowie der Lipidsenker (4,6% bzw. 3,6%) war dagegen deutlich niedriger, wobei fast 60% an einer Dyslipidämie nach WHO litten und 17% der Probanden die Kriterien einer schweren Dyslipidämie erfüllten. 21,3% der Männer und 20,9% der Frauen gaben an, aktiv zu rauchen, wobei insbesondere bei älteren Frauen ein zunehmendes Konsumverhalten beobachtet werden konnte. Im Zeitverlauf ließ sich eine signifikante Abnahme des aktiven und jemals Rauchens bei Männern und Frauen unter 65 Jahren nachweisen. In der älteren Probandengruppe über 65 Jahre gab es dagegen keine signifikanten Unterschiede. Bei beiden Geschlechtern stieg der Anteil an aktiven Rauchern in den niedrigeren Altersgruppen (20,7% bzw. 24,6% der 50-54-jährigen) zwischen 2009 und 2014 an. Bei der Einnahme von Lipidsenkern lässt sich, entgegen der Erwartungen, eine signifikante Abnahme in den letzten Jahren verzeichnen. Gaben 2009 noch etwa 5,6% der Probanden eine Einnahme an, so waren es 2014 nur noch ca. 2,4%.

Schlussfolgerung: Entgegen der Erwartungen ließ sich in der berufstätigen Studienpopulation eine abnehmende Einnahme von Lipidsenkern zwischen 2009 und 2014 beobachten. Bei dem aktiven oder früheren Nikotinkonsum lässt sich ein negativer Trend bei Frauen beobachten, weshalb eine stärkere Berücksichtigung dieser Screeningkohorte sinnvoll erscheint. Die international diskutierte positive Entwicklung der Risikofaktoren ließ sich in dieser Kohorte nicht vollumfänglich beobachten. Auch wenn diese Ergebnisse keinen Rückgang der AAA-Inzidenz nahelegen, sind weitere populationsbezogene Studien notwendig.

Tabelle 1 [Tab. 1], Abbildung 1 [Abb. 1]