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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Vergleich kinderchirurgischer und urologischer Patienten mit akutem Skrotum

Meeting Abstract

  • Daniela Sachwitz - Universitätsklinikum Magdeburg, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, AB Kinderchirurgie, Magdeburg, Deutschland
  • Claudia Görner - Universitätsklinikum Magdeburg, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Magdeburg, Deutschland
  • Uwe-Bernd Liehr - Universitätsklinikum Magdeburg, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Magdeburg, Deutschland
  • Martin Schostak - Universitätsklinikum Magdeburg, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Magdeburg, Deutschland
  • Hardy Krause - Universitätsklinikum Magdeburg, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, AB Kinderchirurgie, Magdeburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch608

doi: 10.3205/15dgch608, urn:nbn:de:0183-15dgch6089

Published: April 24, 2015

© 2015 Sachwitz et al.
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Einleitung: Das akute Skrotum ist wegen diverser Differenzialdiagnosen und der daraus resultierenden Konsequenzen eine Crux. Die häufigsten Entitäten sind Hodentorsionen, Hydatidentorsionen und entzündliche Prozesse (Orchitis, Epididymitis). Abhängig von Alter (unter 16 Jahre meist kinderchirurgisch, ab 16. Lebensjahr immer urologisch), Zuweisung oder Erreichbarkeit werden die Patienten in unserer Einrichtung kinderchirurgisch (K) oder urologisch (U) behandelt.

Material und Methoden: Retrospektive Auswertung und Vergleich aller aufgrund eines akuten Skrotums kinderchirurgisch und urologisch operierten Patienten von Januar 2009 bis Juli 2014.

Ergebnisse: In dem 5½-Jahres-Zeitraum konnten insgesamt 172 Fälle (K: 92, U: 80) mit operativer Freilegung bei akutem Skrotum erfasst werden. Insgesamt am häufigsten waren mit 40% Hodentorsionen (K: 27%, U: 55%), gefolgt von 37% Hydatidentorsionen (K: 53%, U:19%) und 16% Entzündungen (K: 12%, U: 21%). Traumata, inkarzerierte Leistenhernien, Hydro-, Spermatozelen, das idiopathische Skrotalödem und Tumoren waren seltenere Differenzialdiagnosen. Das Durchschnittsalter bei Hydatidentorsionen lag bei 10, bei Hodentorsionen und Entzündungen bei 16 Jahren (p<0,01). Bei den Hodentorsionen zeigten sich zwei Altersgipfel: Neugeborenenperiode und Adoleszenz. Die Orchiektomie-Rate bei den Hodentorsionen betrug 32% (K) bzw. 9% (U). Bei einem Neugeborenen war nach bilateraler intrauteriner Hodentorsion eine beidseitige Orchiektomie notwendig. Ab dem 35. Lebensjahr nimmt die Häufigkeit des akuten Skrotums deutlich ab. Unterschiede bei den drei Entitäten zeigten sich in der Beschwerdedauer bis zur Vorstellung. Die Patienten mit Hodentorsionen stellten sich in der Kinderchirurgie im Mittel nach 13 Stunden (Median 2-3 Stunden), in der Urologie nach 18 (Median 5) Stunden vor. Die orchiektomierten Patienten konsultierten wesentlich später einen Arzt (K: 44 bzw. U: 80 Stunden). Die Patienten mit Hydatidentorsionen wurden nach 33 (Median 24) (K) bzw. 38 (Median 24) (U) Stunden und die Patienten mit entzündlichen Veränderungen nach 29 (Median 24) (K) bzw. 38 (Median 48) (U) Stunden vorstellig. Sowohl bei den kinderchirurgischen als auch bei den urologischen Patienten mit Hodentorsion zeigte sich eine leichte Präferenz der rechten Seite (1,7:1). Die anderen Entitäten waren bei beiden Fachrichtungen annähernd gleich verteilt. Eine signifikante saisonale Häufung konnte bei keiner der Diagnosen beobachtet werden. Bei jedem vierten Kind und bei fast allen urologischen Patienten erfolgte eine Bildgebung mittels Dopplersonografie. Kinderchirurgische Explorationen wurden meist einseitig je nach Alter skrotal oder inguinal, in der Urologie meist über die Raphe zur gleichzeitigen prophylaktischen Pexie der Gegenseite bei den häufig vorkommenden intermittierenden Hodentorsionen durchgeführt.

Schlussfolgerung: Das akute Skrotum ist ein Notfall! Bei jedem zweiten bis vierten Patienten ist dabei eine Hodentorsion ursächlich. Auch wenn sich Unterschiede (Epidemiologie, Anamnese, Befunde, Bildgebung) bei den verschiedenen Entitäten zeigen, kann man einen Patienten mit akutem Skrotum nicht immer zweifelsfrei einer der Differenzialdiagnosen zuordnen. Kann in Zusammenschau von Anamnese, Status und eventueller apparativer Diagnostik mittels Dopplersonografie eine Hodentorsion nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, muss eine unverzügliche operative Exploration erfolgen.