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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Case Report: Libysches Kleinkind mit Unterschenkelamputation und Femurpseudarthrose nach Schussverletzung

Meeting Abstract

  • Vincent Frimberger - Schön Klinik München Harlaching, Kinder- und Neuroorthopädie, München, Deutschland
  • Michael Poschmann - Schön Klinik München Harlaching, Kinder- und Neuroorthopädie, München, Deutschland
  • Peter Bernius - Schön Klinik München Harlaching, Kinder- und Neuroorthopädie, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch602

doi: 10.3205/15dgch602, urn:nbn:de:0183-15dgch6026

Published: April 24, 2015

© 2015 Frimberger et al.
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Outline

Text

Einleitung: Schussverletzungen bei Kleinkindern, v.a. mit Amputationsfolge, sind in Deutschland eine seltene Entität. Die Problematik bei der Versorgung solcher Verletzungen ergibt sich durch ausgedehnte Weichteildefekte mit konsekutiver Perfusions- und Innervationsstörung, ossäre Defekte sowie der tiefen Verschmutzung und Keimbesiedelung der Wunden. Um eine suffiziente Therapie zu gewährleisten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aller involvierter Abteilungen essentiell.

Material und Methoden: Vorgestellt wird ein 2 8/12 jähriger libyscher Jungen, der im September 2011 in Libyen eine Durchschussverletzung des linken Oberschenkels erlitten hat. Die Erstversorgung erfolgte vor Ort. In Tunesien wurde, aufgrund einer Perfusionsstörung, der Unterschenkels ca. 8 cm distal des Knies amputiert und ein Fixateur externe (Abbildung 1 [Abb. 1]) am Femur installiert. Im Oktober 2011 wurde der Junge über die Hilfsorganisation ALMEDA nach Deutschland gebracht.

Ergebnisse: Es folgte ein Heilungsverlauf über 7 Monate in zwei Kliniken. In der Kinderchirurgie des Klinikums Dritter Orden wurde ab dem 25.10.2011 der Fokus zunächst auf eine Versorgung der Weichteilproblematik gelegt, da eine suffiziente Knochenheilung ohne den entsprechenden Weichteilmantel nicht möglich ist. Es erfolgte die Entfernung des Fixateurs, Kürzen der Knochenstümpfe und Anlage eines Vacuseal-Verbands, der über einen Zeitraum von 4 Wochen und nach insgesamt 9 Operationen incl. einer Hauttransplantation zum Verschluss der Wundhöhle und des Amputationsstumpfes führte. Die Verlegung in die Schön Klinik Harlaching erfolgte Anfang Januar 2012. Dort konnte eine noch persistierende Stumpfistel saniert und der Femur mittels zweier Titannägel in ESIN-Technik geschient werden. Durch den enormen Reiz des abheilenden Weichteilschadens zeichnete sich, trotz radiologischer Pseudoarthrose, bald eine ossäre Konsolidierungsreaktion ab. Schließlich gelang es, den Jungen mit Hilfe der in der klinikeigenen Orthopädiewerkstatt angefertigten Unterschenkelprothese zu vertikalisieren und auch zu mobilisieren. Im Verlauf konnte er sich mit der Prothese selbständig fortbewegen.

Schlussfolgerung: Ausgeprägte Extremitätenverletzungen durch Schusswaffengebrauch bei Kindern- und Kleinkindern sind eine seltene Entität und stellen eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Aus unserer Sicht ist es essentiell, zunächst eine Sanierung der Weichteile anzustreben und in zweiter Instanz die ossäre Problematik zu lösen. Dies setzt ein Team voraus das sowohl auf ärztlichem, pflegerischem, physiotherapeutischem und orthopädietechnischem Gebiet versiert ist und eine gesamtheitliche Therapie anbieten kann.