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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Multiviszerale Resektion eines ausgedehnten anogenitalen malignen Melanoms

Meeting Abstract

  • Tim R. Glowka - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland
  • Mignon Keyver-Paik - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland
  • Jörg C. Kalff - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland
  • Dimitrios Pantelis - Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch039

doi: 10.3205/15dgch039, urn:nbn:de:0183-15dgch0399

Published: April 24, 2015

© 2015 Glowka et al.
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Text

Einleitung: Das perianale maligne Melanom ist ein seltener Tumor mit einer schlechten Prognose. Die Inzidenz beträgt nur 1,7 Fälle auf 1 Millionen Einwohner pro Jahr, die mediane Überlebenszeit beträgt 8-19 Monate. Die Einteilung erfolgt klinisch in drei Stadien (Stadium I: lokal begrenzt, Stadium II: regionale Lymphknoten befallen, Stadium III: Fernmetastasen). Aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbildes existiert weder eine deutsche, noch eine internationale Therapieleitlinie, so dass die Therapientscheidung individualisiert getroffen werden muss.

Material und Methoden: Wir berichten über den Fall einer 58-jährigen Patientin ohne relevante Nebenerkrankungen, die über die ambulante Primärexzision und die Staging-Diagnostik im Heimatkrankenhaus an unser Zentrum fand. Die Diagnosestellung wurde durch Missinterpretation der Beschwerden (Blutung und perianale Raumforderung) als Hämorrhoidalleiden geringfügig verzögert, dies ist in der Literatur häufig vorbeschrieben. Befundlich zeigte sich ein zirkulärer perianaler pigmentierter Hauttumor, der bis an die Linea dentata reichte und die hintere Vaginalkommissur umfasste und kolposkopisch bis fast an die Cervix heranreichte. Ein Ganzkörper-PET-CT zeigten neben dem Primärtumor eine FDG-anreichernde Läsion der rechten Leiste, mutmaßlich einer regionalen Lymphknotenmetastase entsprechend. Fernmetastasen zeigten sich nicht. Nach Diskussion des Falls im interdisziplinären Tumorboard erging, gemäß dem hohen Therapiewunsch der Patientin, die Empfehlung zur ausgedehnten lokalen Resektion und zur radikalen inguinalen Lymphknotendissektion.

Ergebnisse: In einer 312 Minuten dauernden Operation erfolgte eine en-Bloc-Resektion des Tumors mit abdominoperinealer Rektumexstirpation mit Anlage eines definitiven Descendostomas, Vulvektomie, Hysterektomie und Adnexektomie zusammen mit der Klinik für Gynäkologie unter Belassen eines kleinen Vaginalrests, der Urethra und der Blase (Abbildung 1 [Abb. 1]). Das Tumorstadium lautete pT3a (Breslow 4 mm), L0, V0, R0 (papuläre Komponente), R1 (pagetoide Komponente). Der postoperative Verlauf war komplikationslos, die Patientin wurde am 14. Tag nach Operation entlassen. In einem zweiten Aufenthalt 3 Wochen später erfolgte eine radikale Lymphknotendissektion der rechten Leiste, hier zeigten sich zwei Lymphknotenmetastasen eines malignen Melanoms bei sieben tumorfreien Lymphknoten (2/9). In der abschließenden Diskussion in der interdisziplinären Tumorkonferenz erging bei aktuell chirurgisch saniertem anorektalem malignem Melanom im Stadium II die Empfehlung zur engmaschigen dermatologischen/onkologischen Nachsorge. Die R1-Situation der pagetoiden Komponente entspricht einem Melanom in situ. Eine adjuvante Therapie ist nicht indiziert.

Schlussfolgerung: Die Therapieentscheidung bei den seltenen anorektalen malignen Melanomen sollte im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz individualisiert getroffen werden und dabei die schlechte Prognose und den Patientenwunsch berücksichtigen. Ausgedehnte Resektion sind möglich und haben nicht nur einen Stellenwert in der Kuration (höchstmögliche Radikalität), sondern auch in der Palliation bei teils desaströsen Lokalbefunden.