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131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

25.03. - 28.03.2014, Berlin

Warum wir ein exzellentes klinisches Risikomanagement brauchen

Meeting Abstract

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  • Alexander Euteneier - Euteneier Consulting, GmbH, Berlin

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 25.-28.03.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14dgch001

doi: 10.3205/14dgch001, urn:nbn:de:0183-14dgch0017

Published: March 21, 2014

© 2014 Euteneier.
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Einleitung: Mit der Studie „To err is human“ des Institute of Medicine (Kohn et al 2000) wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, die das Thema Patientensicherheit und Fehler im Gesundheitswesen stark in das öffentliche Bewusstsein rückte. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass in den USA mehr als 44.000 Tote pro Jahr aufgrund von Behandlungsfehlern zu verzeichnen sind. Im Rahmen einer Literaturrecherche des Aktionsbündnis Patientensicherheit 2007/2008 auf Basis von 241 Studien kam die Studie zu dem Ergebnis, dass mind. 0.1% an Tote aufgrund medizinischer Behandlungsfehler in westlichen Krankenhäusern zu verantworten sind (Schrappe et al 2006/2007). Rechtsprechungen mit Trend zur Organisationshaftung, Fortschritte in der Medizin hin zu einer stetig zunehmenden Komplexität, die Ökonomisierung der Medizin bei hohem Erwartungsdruck und zugleich begrenzten Ressourcen erschweren zunehmend das Arbeiten im Gesundheitswesen.

Material und Methoden: Die hier vorgestellten Ergebnisse basieren auf den Erfahrungen aus der eigenen Beratungstätigkeit in Krankenhäusern zum Schwerpunkt Risikomanagement und den Auffassungen von 12 Führungskräften aus dem Gesundheitswesen und der Forschung, die im Rahmen standardisierter Interviews 2013 erhoben wurden.

Ergebnisse: Die Untersuchung ergibt, dass in Deutschland weiterhin ein sehr heterogenes Bild bezüglich der Implementierung effektiver Risikomanagement-Systeme besteht. Häufig werden Qualitätsmanagement (QM) und Risikomanagement (RM) in einem geführt, wobei das RM stark unterrepräsentiert ist. Große Krankenhausverbände können aufgrund Skalierungseffekte und Risikobewusstsein der obersten Geschäftsführung i.d.R. ein gut eingeführtes RM vorweisen, kleineren KH-Einheiten fehlen häufiger der systematische Ansatz, das notwendige Personal sowie entsprechende RM-Werkzeuge. In letzterem Fall wird eher reagiert anstatt proaktiv gehandelt. Dennoch erlaubt eine pauschale Beurteilung der gesamten KH-Einrichtung keine verlässliche Aussage bezüglich der etablierten Sicherheitskultur. Häufig bestehen abteilungsabhängige Unterschiede, die Ausdruck des jeweiligen Risikobewusstseins und Achtsamkeit ihrer Führungskräfte sind. Neben hierarchieabhängigen Konflikten, z. B. Eminenz basierte Medizin, sind auch berufsgruppenspezifische Unterschiede festzustellen. Die Pflege ist häufig besser organisiert. National etablierte DNQP-Pflegestandards, MRE-Netzwerke, Medikamenten- und Hygienemanagement zeugen bereits von einem hohen Qualitätsbewusstsein.

Schlussfolgerung: Das was in der Luftfahrt in den 70-ziger Jahren mit dem Aufbau systematischer Sicherheitsstrukturen begann und bis in die heutige Zeit anhält, hat nun einen hohen Professionalisierungsgrad erreicht. Dies steht dem Gesundheitswesen noch bevor. Es gibt eine Vielzahl von Methoden und Werkzeuge für ein effektives RM, die jedoch in der Praxis oft Ergebnisse der „Human Faktor“- Forschung unterrepräsentieren, sondern ihr Heil in technischen Lösungen und stärkerer Kontrolle sehen, weniger in verbesserter Kommunikation und Stärkung der Eigenverantwortung. Die Etablierung einer gerechten Sicherheitskultur (fair culture, Reason) sollte das Ziel aller Bemühungen im RM sein. Das alleinige Vertrauen auf technische Lösungen, wie einem CIRS oder der Auswertung von Routineparametern und Qualitätsindikatoren, wird zu keiner nachhaltigen Lösung der Probleme führen.