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Fulminanter Verlauf nach gewöhnlicher Weisheitszahnentfernung – vom Zahnarztstuhl auf die Lungentransplantationsliste
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Published: | May 20, 2011 |
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Einleitung: Ein 18-jähriger gesunder Patient unterzog sich ambulant unter Leitungsanästhesie einer komplikationslosen Extraktion der Weisheitszähne 18 und 48. Eine Woche später stellte sich der Patient über die Rettungsstelle mit Fieber und zervikaler Lymphadenopathie vor. Es zeigten sich lokal reizlose Wundverhätnisse ohne chirurgischen Interventionsbedarf. Aus Sicht der konsilliarisch hinzugezogenen Kollegen der HNO ergab sich ebenfalls kein erkennbarer Fokus. Mit oraler Antibiose und NSAR wurde der Patient entlassen. Zwei Tage später kam es zu einer erneuten Vorstellung, nun mit Ganzkörperexanthem, periorbitalen Schwellungen beidseits, Fieber bis 41˚C, sowie Diarrhoen und Erbrechen. Bei Verdacht eines retropharyngealen Abszesses rechts erfolgte die Exploration in Intubationsnarkose; dieser wurde jedoch nicht bestätigt. Postoperativ wurde der Patient noch intubiert auf der Intensivstation überwacht. Bei akut progredient pulmonaler Verschlechterung und hochinvasiver Beatmungspflicht wurde zwei Tage später die Verlegung in ein ARDS-Zentrum notwendig. Im Verlaufs-CT zeigte sich nun zervikal und mediastinal massiv freie Luft: mehrfach wiederholte Broncho- und Gastroskopien, sowie CT-Diagnostik zeigten jedoch keine eindeutige Austrittspforte. Zunächst stabilisierte sich der Patient unter Bauchlagerung und kalkulierter Breitbandantibiose. Bei erneuter Verschlechterung wurde jedoch eine ECMO-Therapie für insgesamt 8 Wochen, eine Drainage bei links aufgetretenem Spannungsthorax, als auch eine Thorakotomie rechts bei abgekapseltem Erguß notwendig. Keimnachweise gelangen weder kulturell noch serologisch. Entnommene Lungenbiopsien zeigten ausgedehnte Gewebsnekrosen mit flächigen Einblutungen. Ein persistierendes Organversagen der Lunge und schwerste fibrotische Lungengerüstumbauten führten schließlich zur Transplantationslistung (high urgency) bei zu diesem Zeitpunkt infauster Prognose. Nach wiederholter Rethorakotomie besserte sich langsam, jedoch zunehmend der Gasaustausch. Insgesamt verbrachte der Patient somit 14 Wochen auf der Intensivstation mit absoluter Maximalversorgung und Therapie durch u.a. 15 verschiedene Antibiotika/-mykotika. 6 Wochen nach Verlegung in die Reha ist der Patient fast komplett regeneriert, betreibt bereits wieder leichten Sport.
Schlussfolgerung: Aus umfassend medizinischer Sicht ist bislang weder die initial fulminante Verschlechterung noch die unerwartete Besserung erklärbar. Bislang ist in der Literaturrecherche kein vergleichbarer Fallreport bekannt.