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Räumliche Filterung zur Verbesserung des Sprachverstehens in bimodalen Cochlea-Implantatträgern
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Published: | September 3, 2020 |
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Sowohl in Hörgeräten als auch in Cochlea-Implantaten (CI) sind Vorverarbeitungsalgorithmen zur räumlichen Filterung Standard. Von den Herstellern verfügbare Algorithmen reduzieren adaptiv die Verstärkung für Schalle, die nicht aus frontaler Richtung kommen, arbeiten aber meist ohne Einfluss der Signalprozessierung am Gegenohr (bei bimodal oder bilateral versorgten CI-Patienten). Diese Studie evaluiert, inwieweit sich der Sprachverständlichkeitsgewinn, den bimodal versorgte CI-Träger durch einseitig arbeitende räumliche Filterungsalgorithmen erfahren, durch optimale Verarbeitung des Signals der Gegenseite (in Form eines binauralen Algorithmus) noch steigern lässt. Hierzu wurde ein einseitig arbeitender Algorithmus (ADM = adaptive differential microphone) und ein binaural arbeitender Algorithmus (MVDR = minimum variance distortionless response) mittels des Oldenburger Master Hearing Aids (openMHA) herstellerunabhängig implementiert. Als akustische Szene diente eine Caféteria-Umgebung, in der entweder eine räumlich lokalisierte Störschallquelle, oder mehrere räumlich verteilte Störschallquellen (Babble) platziert wurden. Um den Einfluss von Kopfbewegungen auf die Ergebnisse auszuschließen, wurde virtuelle Akustik zur Erzeugung der Szenen verwendet. Die Signale wurden 10 bimodal versorgten CI-Probanden dann mittels In-Ear Kopfhörer auf der Hörgeräteseite und mittels Audiokabel-Verbindung in den CI-Soundprozessor dargeboten. Zur Messung der Sprachverständlichkeitsschwelle diente der Oldenburger Satztest.
Die Ergebnisse zeigen eine Verbesserung der Sprachverständlichkeitsschwelle durch den ADM-Algorithmus sowohl bei einem einzelnen räumlich getrennten Störgeräusch von rechts oder links, als auch bei mehreren räumlich verteilten Babble-Störgeräuschen. Die Verbesserung gegenüber der Kondition ohne Vorverarbeitung betrug ca. 5 dB. Der binaural arbeitende MVDR-Algorithmus erzeugte eine zusätzliche Verbesserung von 1-3 dB, je nach Verteilung der Störgeräuschquellen. Hierbei war der MVDR am effektivsten für mehrere räumlich verteilte Störgeräuschquellen, da die im Algorithmus getroffene Diffusfeldannahme durch die getestete Szene hinreichend gut erfüllt war. Einfluss der Raumgeometrie und des dominierenden Ohrs spielen bei der Interpretation der Ergebnisse allerdings ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Erkenntnisse unterstreichen den Nutzen binaural arbeitender Vorverarbeitung zwischen Hörgerät und CI in komplexen akustischen Szenen.
Unterstützt durch DFG JU2858/2-1 und EU EFRE "Innovationsverbund für integrierte, binaurale Hörsystemtechnik" (VIBHEAR).