Article
Tinnitus Charakterisierung und Stabilität der Unterdrückung mittels Residual Inhibition
Search Medline for
Authors
Published: | November 28, 2019 |
---|
Outline
Text
Fragestellung: Als Teil einer laufenden prospektiven Observationsstudie1 zur Hirnaktivität bei Personen mit Tinnitus soll eine Charakterisierung der Symptome, insbesondere in Bezug auf die Fähigkeit zur temporären Unterdrückung der Tinnitus-Intensität nach akustischer Simulation (Residual Inhibition, RI), durchgeführt werden.
Methoden: Bislang wurden 32 Probanden (10 Frauen, 22 Männer; durchschnittliches Alter: 50 Jahre; 21 bis 67 Jahre) mit chronisch subjektivem Tinnitus (seit 0.9 bis 35 Jahren) untersucht. Es wurden nur Probanden mit Tinnitus-Ausprägungen an einer Frequenz eingeschlossen (Reinton: 15, Rauschen: 10, Reinton/Rauschen kombiniert: 7). Zur Beurteilung des Ausprägungsgrads wurde das Tinnitus Handicap Inventory (THI) verwendet. Der psychologische Zustand der Probanden wurde mit dem Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) evaluiert. Die Probanden wurden mittels Hochfrequenz-Audiometrie (bis 13 kHz) sowie Tinnitometrie mit Bestimmung der Tinnitus-Frequenz, der Tinnitus-Intensität und des minimalen Maskierungspegels (MML) untersucht. Zusätzlich wurde ein RI-Assessment für 10 Wiederholungen (RI-Stimulus: Terzbandrauschen mit Mittenfrequenz bei der Tinnitus-Frequenz; Dauer 60 s) durchgeführt. Dabei wurde von den Probanden einerseits die Stärke der Tinnitus-Unterdrückung (RI-Tiefe) laufend auf einer Likert-Skala (-5 vollständige Unterdrückung, 0 keine Änderung, +5 Verstärkung des Tinnitus) und andererseits die Dauer, nach der die Tinnitus-Intensität wieder zum vorherigen Niveau zurückkehrt (RI-Dauer, in Sekunden), angegeben. Der Einfluss der Messwiederholungen auf die RI-Tiefe und RI-Dauer wurde mittels linear-mixed-effects Model analysiert.
Ergebnisse: Die Probanden zeigten einen moderaten Tinnitus (THI Score: 36,8 ± 25,8) und keine Anzeichen von Depressionen (HADS Score: 4,9 ± 4,5) oder Angstzuständen (HADS Score: 6,2 ± 4,5). Tinnitus-Frequenzen konnten im Bereich von 250 Hz bis 13 kHz gemessen werden, wobei 81% der Probanden (26 von 32) den Tinnitus bei einer Frequenz über 8 kHz wahrnahmen. Die durchschnittliche Tinnitus-Intensität war 8 ± 9 dB Sensation level (SL) und der durchschnittliche MML wurde mit 19 ± 13 dB SL angegeben. Die Möglichkeit zur Unterdrückung des Tinnitus mittels RI wurde bei 81% der Probanden (26 von 32) beobachtet. Bei diesen Probanden konnte der Tinnitus mit einer maximalen RI-Tiefe von -4,2 ±1,1 Punkten und einer RI-Dauer von 81 ± 52 s stark unterdrückt werden. Die RI Tiefe nahm im Mittel um 0,3 Punkte pro 10 s (p<.001) nach Abschalten des Stimulus ab. Mit jeder wiederholten Messung wurde die maximal zu erreichende RI Tiefe um ca. 0.03 Punkte reduziert (p=.028) und die RI Dauer um ca. 1 Sekunde verkürzt (p=.049).
Schlussfolgerungen: Unsere Ergebnisse spiegeln die bekannte Heterogenität von Tinnitus-Symptomen wider. Aufgrund der Unterdrückbarkeit des Tinnitus und die Stabilität über mehrere Wiederholungen hinweg sehen wir RI als eine geeignete Methode zur wiederholten Erzeugung von Zuständen mit und ohne Tinnitus, z.B. für den Vergleich der Hirnaktivität mittels EEG-Messungen [1].