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49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

17. - 19.09.2015, Bozen, Italien

Arbeitsunfähigkeitsregelungen als ein Faktor für die erhöhte Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung in Deutschland

Meeting Abstract

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  • W. Herrmann - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland
  • A. Haarmann - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland
  • A. Bærheim - University of Bergen, Department of Global Public Health and Primary Care, Bergen, Norwegen

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bozen, 17.-19.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15degam158

doi: 10.3205/15degam158, urn:nbn:de:0183-15degam1588

Published: August 26, 2015

© 2015 Herrmann et al.
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Hintergrund Die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte ist in Deutschland im internationalen Vergleich hoch. Klassische Modelle der Inanspruchnahme können diese hohe Inanspruchnahmerate nicht hinreichend erklären. Ziel dieser Studie war es daher, relevante Faktoren für die hohe Inanspruchnahme zu explorieren. Im Rahmen der qualitativen Studie identifizierten wir die Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit als einen potenziell relevanten Faktor.

Studienfrage: Welche Bedeutung haben Arbeitsunfähigkeitsregelungen für die Inanspruchnahme (haus-) ärztlicher Versorgung?

Methoden Die Studie hatte ein exploratives qualitatives Studiendesign. Wir führten mit je 20 Patienten in Deutschland und Norwegen qualitative episodische Interviews. In je vier Hausarztpraxen in Deutschland und Norwegen führten wir teilnehmende Beobachtungen durch. Zusätzlich untersuchten wir in einer Kontextanalyse mögliche relevante Faktoren vergleichend zwischen Deutschland und Norwegen. Die Auswertung erfolgte orientiert an der Grounded Theory mittels thematischen Kodierens.

Ergebnisse Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind in Deutschland ein häufiger Beratungsanlass insbesondere bei kleineren Erkrankungen. Dabei ist Arbeitsunfähigkeit in Deutschland ein sozial aufgeladenes, emotionales Thema. Für Ärzte bedeutet die Attestierung von Arbeitsunfähigkeit eine Doppelrolle zwischen Anwalt des Patienten und Sozialgutachter. In Norwegen wurden flexiblere Möglichkeiten der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingeführt und positiv evaluiert. Dazu gehört eine erweiterte Möglichkeit sich selbst krank zu melden und die Möglichkeit der teilweisen Krankmeldung.

Diskussion Die Ergebnisse der Studie deuten auf Arbeitsunfähigkeitsregelungen als relevanten Faktor für nicht notwendige Inanspruchnahme hin. In Pilotprojekten sollten erweiterte Eigenmeldungsregelungen und die Möglichkeit zur Teilkrankschreibung erprobt und evaluiert werden. Ziel wäre dabei auf Versorgungsebene den Anteil ungeplanter Konsultationen in der Hausarztpraxis zu senken und dadurch mehr Zeit für die Versorgung chronisch kranker Patienten zu schaffen.