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48. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

18. - 20.09.2014, Hamburg

„Ich fühle mich sicher in meiner kontrollierten Umgebung“ – zum Alltagserleben von Menschen mit COPD am Lebensende. Eine qualitative longitudinale Studie

Meeting Abstract

  • G. Marx - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
  • S. Owusu Boakye - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
  • H. Stanze - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • F. Nauck - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Palliativmedizin, Göttingen, Deutschland
  • N. Schneider - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 48. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Hamburg, 18.-20.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14degam175

doi: 10.3205/14degam175, urn:nbn:de:0183-14degam1754

Published: September 11, 2014

© 2014 Marx et al.
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Hintergrund: Obwohl psychosoziale und körperliche Beschwerden bei fortgeschrittener COPD ähnlich schwer sind wie bei Lungenkrebs, ist die ambulante Palliativversorgung bis heute kaum auf nicht-onkologische Patienten ausgerichtet. Unklar ist, welche Bedürfnisse diese Patienten haben und welche Hilfestellung sie benötigen.

Studienfrage: Welche Bedürfnisse haben Patienten mit fortgeschrittener COPD und wie verändern sich diese im Verlauf? Wie kann die häusliche (palliative) Behandlungsqualität gewährleistet werden?

Methoden: Qualitative longitudinale Studie mit 4 Erhebungszeitpunkten über 12 Monate; Leitfadeninterviews und Erhebung der Krankheitsgeschichte mit 17 Patienten. Datenanalyse mit Grounded Theory.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass Menschen mit COPD nach (individuell geprägter) Normalität im Alltag streben und versuchen, diese – trotz steigender Belastung durch Luftnot und Verkleinerung des Bewegungsradius – möglichst lange aufrechtzuerhalten. Die geringer werdende Mobilität und das Bedürfnis nach Sicherheit in häuslich „kontrollierter Umgebung“ scheinen in der Folge

1.
soziale Isolation zu fördern,
2.
die als Normalität wahrgenommene Wirklichkeit sukzessive aufzubrechen und
3.
die damit verbundene Lebensqualität zu reduzieren.

Die funktionale Einschränkung geht mit steigendem Bedarf an familialer Unterstützung einher. Professionelle Hilfe wird hinausgezögert, da dies ein Eingeständnis des ‚Krank-Seins’ bedeuten würde. Körperliche Leistungsgrenzen werden ausgereizt, bis „gar nichts mehr geht“. Trotz regelmäßiger behandlungsbezogener Kontakte zum Hausarzt, wird dieser hauptsächlich in der Durchführung von Laborkontrollen wahrgenommen; die häusliche Situation wird eher nicht angesprochen.

Diskussion: Die funktionale und psychosoziale Unterstützung von Menschen mit COPD am Lebensende erfordert therapeutische und pflegerische Maßnahmen, die an die individuellen Bedürfnisse angepasst sind. Die hausärztlich initiierte frühzeitige Einbindung des umfassenden palliativen Behandlungsansatzes kann dazu beitragen entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um die individuelle Lebensqualität so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.