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Bad Honnef-Symposium 2018

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.)

26. - 27.03.2018, Bonn

Lungenmikrobiom, Dysbiose, Infektionen: Neue Erkenntnisse zur Rolle des Mikrobioms bei der Pathogenese chronischer Lungenerkrankungen

Meeting Abstract

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  • author Dunja Bruder - Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Bad Honnef-Symposium 2018. Bonn, 26.-27.03.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18bhs11

doi: 10.3205/18bhs11, urn:nbn:de:0183-18bhs118

Published: March 27, 2018

© 2018 Bruder.
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Multizentrische Studien wie das Human Microbiome Project haben gezeigt, dass unsere Körperoberflächen mit bis zu 1.000 verschiedenen Bakterienspezies mikrobiell besiedelt sind, wobei sich in jeder untersuchten Körperregion eine ganz eigene, dem jeweiligen Milieu angepasste Mikrobengemeinschaft ansiedelt. Während in der Vergangenheit das Dogma galt, dass die Lunge weitestgehend steril sei, wissen wir dank moderner kultivierungsabhängiger Nachweisverfahren seit wenigen Jahren, dass auch die Lunge über eine definierte Mikroflora verfügt. Die Lunge des gesunden Menschen stellt ein relativ nährstoffarmes Milieu dar und ist im Gegensatz zum Darm oder der Haut entsprechend weniger stark mikrobiell besiedelt. Die bakterielle Biomasse nimmt von den oberen zu den unteren Atemwegen beständig ab und ähnelt in der Art ihrer Zusammensetzung der Mikroflora der Mundhöhle. Chronische Lungenerkrankungen wie COPD und Asthma gehen mit zum Teil deutlichen Veränderungen in der Zusammensetzung des Lungenmikrobioms einher, welches u.a. auf ein entzündungsbedingt verändertes Nährstoffangebot und veränderte Sauerstoffbedingungen zurückzuführen ist. Diese Veränderungen im Mikromilieu haben eine Selektion auf bestimmte Mikroorganismen zur Folge, die sich unter den gegebenen Umständen bevorzugt vermehren und andere Bakterienspezies verdrängen können. Hinzu kommt, dass die Art der Therapie (Antibiotika, Kortikosteroide, etc.) maßgeblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen von Mikroorganismen in der Lunge hat und somit unmittelbar zur Selektion bestimmter Bakterien in der chronisch-kranken Lunge beiträgt. Sehr aktuelle Studien legen sogar die Vermutung nahe, dass das Lungenmikrobiom selber unter bestimmten Umständen zur Entstehung des Lungenemphysems beitragen kann.

Akute Exazerbationen bei Patienten mit COPD tragen maßgeblich zur Verschlechterung der Lebensqualität bei und beeinflussen die Prognose der Erkrankung negativ. Die Tatsache, dass im Sputum akut exazerbierter Patienten regelmäßig bestimmte Erreger bakterieller und viraler Atemwegsinfektionen nachgewiesen werden, legt nahe, dass die akute Verschlechterung der Erkrankung oftmals durch eine Infektion ausgelöst wird. Analysen des Lungenmikrobioms von COPD Patienten haben gezeigt, dass dieses im Vergleich zu Gesunden bereits deutlich verändert ist und auch vermehrt Bakterien aufweist, die im Allgemeinen als Krankheitserreger gelten. Vor diesem Hintergrund wird derzeit als eine weitere mögliche Ursache akuter Exazerbation eine Verstärkung einer bereits bestehenden Dysbiose in der Lunge diskutiert. Durch einen externen Auslöser – z.B. durch eine Virusinfektion – wird die chronische Entzündung in der Lunge neu angefacht, dadurch kommt es zu weiteren Veränderungen im lokalen Mikromilieu und damit zu Veränderungen in den Wachstumsbedingungen für Bakterien in der ohnehin schon dysbiotischen Lunge. Durch diesen sogenannten „Dysbiose-Entzündungs-Kreislauf“ kann es innerhalb kurzer Zeit zu einem sprunghaften Anstieg bestimmter Mikroorganismen in der kranken Lunge kommen, die nicht notwendigerweise der Auslöser der Exerzabation waren, ihrerseits jedoch die Entzündung weiter anfachen. Tatsächlich wurde dieses Szenario im Rahmen einer Studie an COPD Patienten belegt, die gezielt mit Rhinoviren infiziert wurden.

Ob und inwieweit das Lungenmikrobiom an der Pathogenese chronischer Lungenerkrankungen im Menschen tatsächlich eine übergeordnete Rolle spielt, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen. Sollte sich das aber tatsächlich bewahrheiten, würde dieses sicherlich einen direkten Einfluss auf die Entwicklung zukünftiger Therapien haben.


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