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Stellt die Therapie mit Tamsulosin ein Risiko für den Katarakt-Patienten dar?
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Published: | December 20, 2018 |
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Hintergrund: Tamsulosin ist ein selektiver Blocker der Alpha-Adrenorezeptoren und gehört zu den häufigsten Medikamenten zur Behandlung einer benignen Prostatahyperplasie und anderen Beschwerden des unteren Harntraktes. Dieses Medikament verändert auch die Pupillen- und Iris-Motilität und stellt damit herausfordernde Verhältnisse während einer Katarakt-Operation dar. Am bekanntesten und häufig beschrieben ist das „floppy-iris“-Syndrom (IFIS). Uns interessierten die klinische Relevanz und das mögliche Risiko für den entsprechenden Patienten bei einer Katarakt-Operation durch eine erfahrene Operateurin.
Methode: In unsere retrospektive Vergleichs-Studie wurden 137 Augen von 80 Katarakt-Patienten mit (Gruppe I, 67 Augen) und ohne (Gruppe II, 70 Augen) Tamsulosin-Einnahme eingeschlossen. Bei den Patienten wurde eine Katarakt-Operation mittels Ultraschall-Phakoemulsifikation zwischen Januar 2016 und September 2018 von einer erfahrenen Operateurin durchgeführt. Wir werteten die folgenden Parameter aus: Ultraschall-Energie, Gesamt-Operationsdauer und Rate der intraoperativen Komplikationen.
Ergebnisse: Die durchschnittliche Ultraschallenergie lag bei 9,01mJ (± 5,48) in der Gruppe I und bei 7,56mJ (± 6,68) in der Gruppe II. Die durchschnittliche Operationsdauer betrug 10 Min., 54 Sek. bzw. 10 Min., 10 Sek. In der Gruppe I zeigte sich ein IFIS bei 18 Augen (26,87%), eine enge Pupille bei 34 Augen (50,75%), vis a tergo bei 16 Augen (23,87%), eine hinterer Kapselruptur bei 2 Augen (2,99%), eine Irisinkarzeration bei 4 Augen (5,96%), lockere Zonula bei 6 Augen (8,96%) und eine intraoperative Intraokularlinsen-Luxation bei einem Auge (1,48%). Bei 18 Augen (26,87%) aus der Gruppe I verlief die Katarakt-Operation komplikationslos. In der Gruppe II zeigte sich eine vis a tergo bei 10 Augen (14,07 %), eine enge Pupille bei 2 Augen (2,82%) und lockere Zonula bei einem Auge (1,41%). Bei 59 Augen (83,10 %) aus der Gruppe II verlief die Katarakt-Operation ohne Komplikationen.
Schlussfolgerung: Bei unseren Patienten mit Tamsulosin-Therapie zeigten sich bei vergleichbarer Operationsdauer eine vermehrte Ultraschall-Energie-Abgabe sowie eine deutlich erhöhte Komplikationsrate im Vergleich zu Patienten ohne Tamsulosin. Wir empfehlen daher eine augenärztliche Vorstellung zur Abklärung einer möglichen Katarakt-Operations-Bedürftigkeit vor Verschreibung von Tamsulosin durch den Urologen bzw. Internisten oder Hausarzt.