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88. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte

07.11.2015, Mainz

Von Alexander dem Großen bis heute: Neue Strategien, die Pathogenese von Uveitis zu verstehen

Meeting Abstract

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  • Cornelia Deeg - Universitäts-Augenklinik Marburg, Experimentelle Ophthalmologie

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte. 88. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte. Mainz, 06.-07.11.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15rma05

doi: 10.3205/15rma05, urn:nbn:de:0183-15rma059

Veröffentlicht: 6. November 2015

© 2015 Deeg.
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Gliederung

Text

Die equine rezidivierende Uveitis (ERU) ist eine lange bekannte Erkrankung bei Pferden weltweit, die mit einer hohen Prävalenz auftritt. Fünf bis zehn Prozent aller Pferde erkranken an dieser wiederkehrenden Panuveitis, die letztlich trotz Behandlung zur Erblindung führt. Bereits Alexander der Große beschrieb die Erkrankung, da sie zum Verlust von Pferden für seine Reisen und Kämpfe führte, was er beklagte. Damals wurde die Erkrankung Mondblindheit genannt, da sie mit den Mondphasen zusammenzuhängen schien. Seither wurde sehr viel für die Ätiologie und Pathogenese der Erkrankung verantwortlich gemacht und anschließend wissenschaftlich widerlegt. Mittlerweile ist klar, dass es sich um eine T-Zellvermittelte Autoimmunerkrankung handelt, wie bei der Autoimmunuveitis des Menschen. Dabei werden aus noch ungeklärten Gründen T-Zellen im Blut aktiviert, die für Proteine spezifisch sind, die in der Neuroretina exprimiert werden. Diese T-Zellen überwinden unmittelbar vor dem Uveitisschub die Blut-Netzhautschranke und attackieren dort ihre Zielproteine. Nach mehreren Tagen endet die autoaggressive Attacke. Bei jedem erneuten Schub sind die Zellen vor der Entzündung im peripheren Blut nachweisbar. Die Erkrankung im Pferd ist ein gutes Modell, um die Ätiologie und Pathogenese der Autoimmunuveitis zu klären, da die Erkrankung spontan entsteht und deshalb die pathogenetisch relevanten Antigene in diesem Modell identifiziert werden können. Dazu untersuchten wir die Spezifität der Immunreaktion im Screening gegen eine Proteinlandkarte von Netzhautgewebe mit 2D Western Blots. Die gebundenen Proteine identifizierten wir dann mit Massenspektrometrie. Dabei entdeckten wir das vorher unbekannte Uveitis-Antigen cellularRetinaldehyd-bindende Protein (CRALBP). Um die pathogenetische Relevanz der Immunreaktion gegen CRALBP, aber auch die für Nagermodelle genutzten S-Antigen und InterphotorezeptorRetinoid-bindendes Protein (IRBP) zu überprüfen, erzeugten wir in augengesunden Pferden eine autoaggressive Immunreaktion gegen diese Antigene. Dabei zeigte sich, dass eine induzierte Autoimmunreaktion gegen IRBP bei allen Pferden zu einer klinisch ähnlichen Erkrankung wie ERU führte. Dagegen verursachte eine Immunreaktion gegen S-Antigen interessanterweise nur bei 20% der getesteten Pferde eine Uveitis, die monophasisch war und vom klinischen Bild nicht mit der ERU übereinstimmte. Auch im Rattenmodell kann mit S-Antigen nur eine monophasische Erkrankung induziert werden, was bislang immer auf die Immunreaktion der Ratten zurückgeführt wurde. Offensichtlich liegt es jedoch am Zielantigen. CRALBP führte zu einer hinteren Uveitis bei 100% der immunisierten Pferde. Durch weitere Versuche identifizierten wir in den letzten Jahren weitere ERU-Autoantigene, darunter auch das erste membranständige Antigen für diese Erkrankung (Synaptotagmin 1). Da diese große Vielfalt der Targets eine Therapie über Immunmodulation gegen das Zielantigen unwahrscheinlich werden lässt, untersuchen wir momentan, welche Voraussetzungen in den Lymphozyten und an der Blut-Retinaschranke es ermöglichen, dass es vor dem Uveitisschub zu einer Transmigration der Zellen ins Auge kommt. Dazu haben wir kürzlich eine label-freie quantitative differenzielle Proteomanalyse durchgeführt an Lymphozyten von Pferden mit IRBP-induzierte Uveitis vor der Immunisierung, im Uveitisschunb und nach Abklingen des Schubes. Dabei konnten wir sechs Cluster differenziell regulierter Proteine identifizieren. Bei den Proteinen, die im Uveitisschub verändert sind, finden sich mehrere Kandidaten, die mit der Fähigkeit zur Transmigration von Lymphozyten in Zusammenhang stehen. Die funktionelle Bedeutung der veränderten Proteinexpression überprüfen wir momentan auf ihre Bedeutung für die Überwindung der Blut-Netzhautschranke.