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Prävention im Niemandsland – die Sicht der Ärzte
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Veröffentlicht: | 14. Oktober 2008 |
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Gliederung
Abstract
Nach den bisher gescheiterten Versuchen, ein Präventionsgesetz zu verabschieden, soll in dem Vortrag eine Bilanz der bisherigen Präventionsmaßnahmen im deutschen Gesundheitswesen und der Versuch eines Ausblicks auf erforderliche Weiterentwicklungen aus ärztlicher Perspektive unternommen werden.
Dazu wird zunächst die in den letzten Jahren erfolgte Entwicklung der Prävention im Rahmen des SGB V dargestellt und bewertet. Diese ist durch eine kontinuierliche Ausweitung primär- und sekundärpräventiver Maßnahmen geprägt.
Trotz des vielfältigen Angebots sind die Teilnahmeraten weiterhin unbefriedigend. Den meisten Programme fehlt es zudem an systematischen Zugängen zu den jeweiligen Zielgruppen, entsprechend werden Risikopopulationen i.d.R. nur schlecht oder zum falschen Zeitpunkt erreicht.
Inzwischen versucht der Gesetzgeber, die Teilnahmebereitschaft durch eine Mischung aus verstärkter Versicherteninformation, strukturierten Einladungs- und Erinnerungssystemen, pekuniären Anreizen oder auch Sanktionsandrohungen zu steigern.
Hindernisse zur Stärkung der gesundheitlichen Vorsorge sind auf Seiten des Arztes vor allem interaktiver, struktureller und ökonomischer Art: Der Patient bestimmt Zeitpunkt und Anlass des Arztbesuchs, der Patienten-Arzt -Kontakt ist daher primär symptomgeprägt. Strukturell fehlt es an einer Steuerung der Prävention aus einer Hand und an Feed-back-Schleifen zwischen den Akteuren, z.B. über Evaluationsergebnisse, die für die praktische Beratung des Patienten nützlich sein können. Den niedergelassenen Arztpraxen mangelt es noch weitgehend an präventionsorientierten Praxisabläufen, an entsprechend geschultem Personal sowie strukturierten Weitervermittlungsmöglichkeiten in außermedizinische Präventionsangebote. Darüber hinaus sind die gegenwärtigen Diskussionen um den Orientierungspunktwert sowie die Einführung eines morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs im Rahmen des Gesundheitsfonds für eine präventive Ausrichtung der ambulanten Medizin kontraproduktiv.
Niedergelassene Ärzte können aufgrund der Kontinuität des Arzt-Patientenkontaktes und ihren individuellen Beratungsmöglichkeiten einen relevanten Beitrag zur Stärkung der Prävention leisten. Der Zugang zu ihnen ist weiterhin niederschwellig und weitgehend schichtenunspezifisch. In einem zukünftigen Präventionsgesetz sollten diese Qualitäten der Arztpraxis berücksichtigt und gestärkt werden. Die Bundesärztekammer hat eine strukturierte curriculäre Fortbildung „Gesundheitsförderung und Prävention“ erstellt, mit der die Beratungskompetenz von Ärzten auf diesem Gebiet gestärkt wird und Hinweise zur Entwicklung präventionsförderlicher Praxisabläufe gegeben werden.