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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Multimorbidität und Inanspruchnahme psychotherapeutischer oder psychiatrischer Leistungen bei psychischen Störungen im Kindesalter

Meeting Abstract

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  • Amelie Rouche - Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Michael Erhart - Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Dominik von Stillfried - Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 274

doi: 10.3205/16gmds050, urn:nbn:de:0183-16gmds0504

Veröffentlicht: 8. August 2016

© 2016 Rouche et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Psychische Störungen im Kindesalter beeinträchtigen massiv Wohlbefinden, psychosoziale Entwicklung, soziale Beziehungen, Leistungs- und Lernfähigkeit und Stressresistenz. Dies wirkt bis ins Erwachsenenalter nach. Daher ist die Früherkennung und Behandlung dieser Störungen bedeutend.

Ziel der Studie ist, auf Basis bundesweiter ambulanter Versorgungs-Routinedaten die Prävalenz psychischer und psychosomatischer Störungen im Kindesalter (bis 18 Jahre) und deren Geschlechts- und Altersverteilung zu schätzen. Die Komorbidität mit anderen Krankheiten und die Häufigkeit psychotherapeutischer Maßnahmen sowie die resultierende Inanspruchnahme werden analysiert.

Methoden: Untersucht wurde eine zehnprozentige Stichprobe der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten aller gesetzlich Krankenversicherten bis 18-Jahre aus dem Jahr 2011, die einen über das KV-System abrechnenden Arzt in Anspruch nahmen. Zunächst wurden deskriptive Statistiken und Häufigkeitstabellen erstellt. Danach wurde regressionsanalytisch die mit psychischen Störungen assoziierte Inanspruchnahme auf individueller Ebene ermittelt. Berücksichtigt wurden dabei Alters- und Geschlechtsunterschiede. Im Rahmen einer Mehrebenenanalyse wurden regionale Korrelate auf Ebene der 412 Landkreise und kreisfreien Städte untersucht.

Ergebnisse: Die 12-Monatsprävalenz einer psychischen Störungsdiagnose liegt im Kindesalter bei 21%. Davon weisen 20% zwei oder mehr unterschiedliche Diagnosen auf. Ihr Leistungsbedarf liegt bei 140% des Durchschnitts. 20% der psychisch kranken Kinder haben mindestens einen Kontakt mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten. Allerdings nehmen nur 3% antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen in Anspruch. Die Diagnosen, die am häufigsten bei Kindern mit einer antragspflichtigen Leistung kodiert werden, sind Depression und Störungen sozialer Funktionen. Dagegen werden hyperkinetische Störungen und somatoforme Störungen kaum psychotherapeutisch behandelt. Mit jeder zusätzlichen Diagnose steigt die Wahrscheinlichkeit, Kontakt mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten zu haben um 3% und eine antragspflichtige psychotherapeutische Leistung in Anspruch zu nehmen um 11%.

Psychische Störungen im Kindesalter sowie die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen variieren stark regional. In Kreisen mit hoher Prävalenz psychischer Störungen ist tendenziell eine niedrigere relative Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen zu beobachten.

Zusammenfassung: Die Gründe für die regionalen Unterschiede und die Diskrepanz zwischen Prävalenz und Inanspruchnahme sowie die Differenz zwischen der administrativen und der epidemiologischen Prävalenz werden im Rahmen der Sitzung methodisch reflektiert.


Literatur

1.
Fegert, et al. Klinikmanual Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Springer; 2013.
2.
Hölling, et al. Psychische Auffälligkeiten und psychosoziale Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren in Deutschland-Ergebnisse der KiGGS-Studie. Bundesgesundheitsbl. 2014;57:807–819.
3.
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Stand 2016).
4.
Psychotherapeutische Versorgung. Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Heft 41). Robert Koch-Institut; 2008.