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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Die Daten im Deutschen Biobanken-Register – Ressource für „Big Data“ in der medizinischen Forschung

Meeting Abstract

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  • C. Plötz - TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., Berlin
  • R. Siddiqui - TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., Berlin
  • S.C. Semler - TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., Berlin

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 352

doi: 10.3205/14gmds233, urn:nbn:de:0183-14gmds2333

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Plötz et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Sammlung von Biomaterialien wie Blut oder Gewebe in Humanbiobanken, verknüpft mit klinischen und soziodemografischen Daten der Spender sind heute ein essentielles Instrument in der medizinischen und epidemiologischen Forschung. Um die Sichtbarkeit sowie die Vernetzung der Biomaterialbanken in Deutschland voranzutreiben, müssen die Merkmale der Biobanken in ein strukturiertes und transparentes Schema überführt werden, um auch für die zunehmenden Forschungskooperationen auf internationaler Ebene nutzbar zu sein. Strukturierte, hochqualitativ-kontrollierte Daten zu den vorhandenen Ressourcen an Biomaterialien und ihren assoziierten Phänotypen stellen die Grundlage dar, u. a. mit NextGenSequencing-Technologien (NGS), Systembiologie / „Systems Genetics“ oder Hochdurchsatz-Metabolomics-Analysen, neueste Erkenntnisse mit Hilfe von „Big Data-Analysen“ für das Ziel der individualisierten Medizin zu erschließen.

Die Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), haben sich zur Aufgabe gemacht, das Deutsche Biobanken-Register (DBR, unter http://www.biobanken.de/) mit integriertem User-Portal aufzubauen [1]. Dieses soll in der deutschen Biobanken-Community etabliert werden und möglichst alle national relevanten Humanbiobanken mit ihren Ressourcen im Internet präsentieren. Das DBR ist seit April 2012 im Internet verfügbar. Die Registrierung im DBR ist vollkommen freiwillig und nicht mit Kosten verbunden. Die sich registrierenden Biobanken können sich interaktiv mit ihren Sammlungen und Materialien sowie Forschungsausrichtungen im DBR positionieren und damit für sich werben.

Methoden: Zur Initiierung und Einrichtung der webbasierten Darstellung der Biomaterialbanken wurde ein ausgewähltes Expertenteam gebildet und ein abgestimmter Kerndatensatz entwickelt, der die Biobanken hinsichtlich der populations- bzw. krankheitsbezogenen Ausrichtung und deren Umfang und Art der Materialsammlungen beschreibt.

Weiterhin wurden gemeinsam mit dem Expertenteam sowie in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Biomaterialbanken (AG BMB) der TMF, die Anforderungen an das DBR identifiziert [2]. Auf Basis der Anforderungen wurde ein relationales Datenbankmodell entwickelt. Die Implementierung des Registers basiert auf dem Java Framework Liferay (http://www.liferay.com/) und dem Content Management System (CMS) DotNetNuke (http://de.dotnetnuke.com/). Das dem DBR zugrunde liegende Datenmodell erlaubt der immanent heterogenen Biobanken-Landschaft sich flexibel zu repräsentieren, und dennoch einen gemeinsamen Kerndatensatz zu nutzen, der auch für den BBMRI-ERIC-Katalog der in Europa vorhandenen Biobanken übersetzbar ist (http://bbmri.eu/de/catalog-of-european-biobanks). Für eine spezifische Suche nach geeigneten Proben und wissenschaftlichen Kooperationspartnern für Biomaterial-basierte Forschungsprojekte wurde das Projekt-Portal (P2B2) des Konsortialpartners Fraunhofer IBMT über eine gemeinsame Authentifizierungsschnittstelle in Form eines Single Sign-On (SSO) in das DBR eingebunden (https://p2b2.fraunhofer.de/). Während das DBR die Ressourcen aller Biobanken ausschließlich im Überblick darstellt, liefert P2B2 die Option bereitwilliger Biobanken, auf Einzelproben-Ebene Informationen zur Anbahnung von spezifischen Forschungsprojekten mitzuteilen.

Ergebnisse und Diskussion: Mit Stand vom 31.03.2014 sind insgesamt 111 Biobanken im Register öffentlich eingetragen. Dies ist bei Weitem noch nicht repräsentativ für Deutschlands Forschungslandschaft. Geht man davon aus, dass ca. 900 Biobanken im schwedischen Biobanken-Register gelistet sind (http://www.bbmri.se/) bei gerade sechs medizinischen Fakultäten und ca. 9 Mio. Einwohnern in Schweden (http://www.iime.org/database/europe/sweden.htm), (vs. ca. 80 Mio. in Deutschland) und ca. 40 medizinischen Fakultäten in Deutschland (http://www.aekno.de/page.asp?pageID=5297), so ist von einer erheblichen Dunkelziffer an noch nicht am DBR teilnehmenden Biobanken auszugehen.

Die im DBR teilnehmenden Biobankverantwortlichen sind derzeit damit beschäftigt, sukzessive und kontinuierlich ihre Daten und Informationen zu Probanden- und Materialgruppen, Sammlungen und Krankheitsbildern sowie zu ethischen und datenschutzrechtlichen Richtlinien und Fördermittelgebern in das DBR einzupflegen [3]. Einmal im DBR angemeldet, können die Biobankenbetreiber jederzeit autonom ihre Bestände aktualisieren bzw. editieren. Mehrheitlich handelt es sich bei den registrierten Biobanken zu 86% um klinische Biobanken. Populationsbezogene (8%), therapeutische (3%) sowie Biobanken mit Mikrobiomen (2%) und Modellorganismen (1%) für die medizinische Forschung stellen die Minderheit dar. Eine Bestandsaufnahme der im DBR sichtbaren 162 Biomaterialgruppen zeigt, dass Serum (18%), Gewebe (14%), DNA (12%), Plasma (10%) und Urin (9%) die dominierenden Materialien sind. Wie zu erwarten, bilden die im DBR gelisteten Phänotypen das gesamte Spektrum der Klassifikation nach ICD-10 ab.

Der aktuelle Datenbestand des DBRs wird anlässlich der GMDS-Jahrestagung 2014 in Göttingen vorgestellt und kritisch diskutiert. Hierbei wird insbesondere darauf eingegangen, dass es keinerlei Auflagen für Biobanken in Deutschland gibt, ihre Ressourcen und ihr Qualitätsmanagement für die Handhabung der Proben verbindlich in einem Register zu veröffentlichen. Dies steht im sehr starken Gegensatz zu klinischen Studien, die vorab der Einreichung zur Publikation bei http://www.clinicaltrials.gov. oder im Deutschen Registers Klinischer Studien (DRKS; https://drks-neu.uniklinik-freiburg.de/drks_web/) sich vollumfänglich registrieren müssen (http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMe048225). Die Beteiligung am DBR ist dagegen nicht verpflichtend und wird von der Priorität der Patientendiagnostik, -behandlung in Universitätskliniken, Forschungslaboren usw. sowie von der Knappheit an Personalmitteln und des klinischen Tagesgeschäfts diktiert. Der Wille bei allen bisher angesprochenen Biobanken sich an einem solchen hier vorgestellten Register zu beteiligen ist ungebrochen und seine Wichtigkeit die Biobanken besser sichtbar zu machen, wird als sehr hoch eingestuft.


Literatur

1.
Semler SC, Krawczak M, Hummel M, Siddiqui R, Drepper J, Plötz C, et al. The TMF fosters international visibility of biobanking in Germany by establishing a national biobank registry with an integrated user portal. Biopreserv Biobank. 2011 Oct; 9(3):295-6.
2.
Semler SC, Krawczak M, Hummel M, Siddiqui R, Drepper J, Plötz C, et al. The TMF biobanking working group provides scientific, regulatory and ethical groundwork for use of human biospecimen resources in patient-driven clinical research in Germany. Biopreserv Biobank. 2012 Oct;10(5):A23.
3.
Hummel M, Illig T, Jahns R, Kiehntopf M, Krawczak M, Schirmacher P, Semler SC, editors. Das Deutsche Biobanken-Register. Tagungsband des 2. Nationalen Biobanken-Symposiums; 2013 Dec 11-12; Berlin, DE. Berlin: AKA; 2013.