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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Automatisierte Erkennung nosokomialer Infektionen und Identifikation von Risikopatienten am Universitätsklinikum Heidelberg – ein Erfahrungsbericht

Meeting Abstract

  • Christian Kohl - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE
  • Benjamin Roth - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE
  • Erhan Mert - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE
  • Steffen Geis - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE
  • Paul Schnitzler - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE
  • Petra Knaup-Gregori - Universität Heidelberg, Heidelberg, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.124

doi: 10.3205/13gmds032, urn:nbn:de:0183-13gmds0325

Veröffentlicht: 27. August 2013

© 2013 Kohl et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Nosokomiale Infektionen [1] sind ein generelles Problem in Krankenhäusern. Ein besonderes Problem stellen diese Infektionen für immunsupprimierte Patienten aufgrund ihrer reduzierten Immunabwehr und häufigeren stationären Aufenthalten dar. Da in einem Krankenhaus viele schwerkranke Patienten auf engem Raum zusammenleben, besteht die Gefahr, dass ein infektiöser Patient schnell zahlreiche andere Patienten infiziert. Behandlung und Eindämmung solcher Infektionen sind ressourcenintensiv und teuer. Daher ist es wichtig, Ausbrüche nosokomialer Infektionen rasch zu erkennen und einzudämmen. Oft ist es schwierig, Ausbrüche frühzeitig zu erkennen, da zunächst nur einzelne Patienten, teilweise auf verschiedenen Stationen, betroffen sind. Wurde ein Ausbruch erkannt, müssen die infizierten, aber auch die potenziell infizierten Patienten, welche sich beispielsweise das Zimmer mit einem infizierten Patienten geteilt haben, möglichst schnell isoliert werden. Die Identifikation solcher Risikopatienten erfolgt häufig mit Hilfe von Zimmerbelegungslisten. Dies ist gerade in größeren Häusern und wenn Patienten während Ihres Aufenthalts auf andere Stationen verlegt wurden, mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Indem geeignete patienten- und stationsübergreifende Indikatoren automatisiert überwacht werden, können mögliche Ausbrüche nosokomialer Infektionen frühzeitig erkannt werden. Mit Hilfe einer elektronischen Erfassung von Aufnahmen, Verlegungen und Entlassungen könnten ferner, ausgehend von infizierten Patienten, relativ leicht Risikopatienten ermittelt und bei einem Ausbruch isoliert werden. Am Universitätsklinikum Heidelberg war bisher kein System verfügbar, das diese Funktionen bereitstellt.

Material und Methoden: In einem ersten Schritt wurden mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen des Klinikums mögliche Indikatoren zur Surveillance von Ausbrüchen respiratorischer Erkrankungen bei hämatologisch-onkologischen und immunsupprimierten Patienten diskutiert. Als Indikator wurde die Summe der Verlegungen von Normal- auf Intensivstationen in einem definierten Zeitintervall gewählt. Überschreitet die Anzahl der Verlegungen einen definierten Schwellenwert, wird das Department für Infektiologie per E-Mail benachrichtigt. Hierzu wurde ein System entwickelt, welches alle relevanten Verlegungsmeldungen vom Kommunikationsserver des Universitätsklinikums Heidelberg [2] empfängt und in einer eigenen Datenbank für 100 Tage speichert. Darüber hinaus kann das System basierend auf den gesammelten Verlegungsmeldungen alle Risikopatienten auflisten, die mit einem potenziell infizierten Patienten im selben Zimmer lagen.

Ergebnisse und Diskussion: Das Department für Infektiologie verfügt jetzt über ein elektronisches Werkzeug, welches mögliche Ausbrüche nosokomialer Infektionen automatisiert, basierend auf in der Routineversorgung erfassten Daten detektieren kann. Ergänzend kann das System die Anzahl der Verlegungen auf die Intensivstationen in den vergangenen Stunden und Tagen als Verlaufsdiagramm darstellen, um eine Bewertung durch Fachexperten zu unterstützen. Das System besteht aus einem Empfänger-Modul, welches Verlegungsmeldungen vom Kommunikationsserver des Klinikums empfängt und die für die Auswertungen benötigten Informationen in einer eigenen Datenbank ablegt. Die Auswertungsmodule des Systems – Ausbruchserkennung und Identifikation von Risikopatienten – greifen auf diese Datenbank zu. Aufgrund der Inkubationszeiten der relevanten Infektionserreger und aus Datenschutzgründen werden Verlegungsdaten, die älter als 100 Tage sind, automatisch gelöscht. In einem nächsten Schritt wird jetzt eine geeignete Alarmschwelle sowie die optimale Länge des Intervalls, in welchem die Verlegungen aufsummiert werden, ermittelt. Ferner soll evaluiert werden, ob das elektronische System tatsächlich Vorteile bietet – speziell, ob es einen Zeitvorteil bei der Ermittlung von Risikopatienten bietet. Hierzu wird auch auf Daten vorhergehender Ausbrüche zurückgegriffen werden.


Literatur

1.
Kappstein I. Nosokomiale Infektionen. Prävention, Labor-Diagnostik, Antimikrobielle Therapie. 3rd ed. Germering/München:W. Zuckschwerdt; 2004.
2.
Buchauer A, Lozano N, Pilz J. Erfahrungsbericht HL7-Auftragskommunikation [Präsentation]. Gemeinsame Jahrestagung 2011 von HL7-Deutschland und IHE-Deutschland; 2011.