Artikel
Experimentelle Bestätigung eines Verteilungsmodells für Genexpressionsprofile
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 20. September 2011 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung: Aufbauend auf einem Simulationsmodell [1], das mRNA-Konzentrationen als Ergebnis von linearen Synthese- und nicht-linearen Abbauraten beschreibt, stellten wir auf der GMDS-Tagung 2010 ein Modell für die Verteilungsdichte von mRNA-Konzentrationsmessungen mit Microarrays vor [2]. Es basiert auf der Annahme, dass solche Genexpressionsprofile nur dann reproduzierbar gemessen werden können, wenn sich die Mehrzahl der mRNA-Konzentrationen im Fließgleichgewicht befindet [3]. Vor kurzem wurde am Genzentrum der LMU München ein Verfahren entwickelt, das die experimentelle Überprüfung des Modells durch genomweite Messungen von Synthese- und Abbauraten bei der Bäckerhefe erlaubt [4].
Material und Methoden: mRNA-Fließgleichgewichtskonzentrationen c berechnen sich aus den jeweiligen Synthese- und Abbauraten S und D als Quotienten: c=S/D [2]. Der experimentelle Datensatz [4] umfasste je 4.508 Werte für c, S und D. In der Computersimulation verwendeten wir entsprechend 4.508 Quotienten unterschiedlich verteilter Zufallsvariablen (s.u.). Die Güte der Modellanpassung wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test und einer lokalen Analyse (Fensterfunktion) geprüft [2].
Ergebnisse: Alle drei Variablen c, S und D wiesen rechtsschiefe Verteilungen auf. Die statistische Analyse bestätigte eine bereits früher beobachtete Diskontinuität in der Verteilungsfunktion von c, die gegen eine Lognormal-Verteilung spricht. Die Syntheseraten S waren hingegen lognormal verteilt, die Abbauraten D wiesen ähnlich wie c eine Dichtefunktion mit zwei Kurvenästen auf. Zur Simulation von S verwendeten wir deshalb Produkte von jeweils zwei gleichverteilten Zufallszahlen S1 • S2, für die erstmals beobachtete diskontinuierliche Verteilung von D einen Quotienten gleichverteilter Zufallszahlen D1/D2. Für das Genexpressionsprofil im Fließgleichgewicht ergab sich folglich c=S1 • S2 • D2/D1. Wir fanden für c, S und D jeweils gute Übereinstimmung zwischen Modell und Echtdaten, ebenso auch zwischen den gemessenen Werten für c und den aus S und D berechneten Fließgleichgewichtskonzentrationen (r=0,9975).
Diskussion: Unsere Studie bestätigt das bereits 2006 formulierte Modell [3] des Transkriptoms erstmals experimentell. Obwohl die Messung von S und D vor fünf Jahren nicht möglich war, lieferte das Modell bereits damals wertvolle Aussagen zur differenziellen Genxpression beim Krebs, die nun gezielt experimentell überprüft werden können. Da sich die mRNA-Verteilungsdichten in allen eukaryotischen Zellen ähneln [5], erscheint die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf den Menschen aussichtsreich. Unsere Beobachtungen bestärken ferner die Vermutung [2], dass die rechtsschiefe Verteilung des Genexpressionsprofils nicht strikt lognormal ist. Das in diese Richtung argumentierende „thermodynamische Modell“ von Konishi [6], das die hier beschriebene Dichtefunktion für D mit ihren zwei Kurvenästen nicht berücksichtigt, sollte reevaluiert werden. Die auffällige Verteilung von D legt eine gezielte experimentelle Untersuchung des mRNA-Abbaus nahe.
Literatur
- 1.
- Hoffmann G, Ostermaier R, Müller H, Bitterlich N, Martus P, Neumaier M. SimChip – Computer Simulation of mRNA Steady States. Clin Lab. 2008;54:19-24.
- 2.
- Bitterlich N, Karthe S, Hoffmann G. Anpassung von modellbasierten Verteilungsdichten an Genexpressionsdaten. In: 55. Jahrestagung der GMDS, 2010.
- 3.
- Hoffmann G. Ein mathematisches Modell des malignen Transkriptoms. In: 3. Jahrestagung der DGKL, 2006.
- 4.
- Miller C, Schwalb B, Maier K, et al. Dynamic transcriptome analysis measures rates of mRNA synthesis and decay in yeast. Molecular Systems Biology. 2011;7:458.
- 5.
- Kuznetsov V, Knott G, Bonner R. General statistics of stochastic process of gene expression in eukaryotic cells. Genetics. 2002;161:1321-32.
- 6.
- Konishi K. A thermodynamic model of transcriptome formation. Nucleic Acid Res. 2005;33:6587-92.