gms | German Medical Science

50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (dae)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie

12. bis 15.09.2005, Freiburg im Breisgau

Eine ICH-konforme Auswertestrategie für kontrollierte randomisierte klinische Studien

Meeting Abstract

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  • Nicole Heussen - Institut für Medizinische Statistik, RWTH-Aachen, Aachen
  • Ralf-Dieter Hilgers - Institut für Medizinische Statistik, RWTH-Aachen, Aachen
  • Klaus Willmes - Lehr- und Forschungsgebiet Neuropsychologie an der Neurologischen Klinik, Universitätsklinikum, RWTH-Aachen, Aachen

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. 50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 12. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie. Freiburg im Breisgau, 12.-15.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc05gmds381

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2005/05gmds270.shtml

Veröffentlicht: 8. September 2005

© 2005 Heussen et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Seit der 12. Novelle des Arzneimittelgesetzte (AMG) [1] vom 6. August 2004 ist die Guideline for good clinical practice, E6 (GCP-Richtlinie) [2] des International Commitee of Harmonisation (ICH) rechtlich verbindlich bei der Planung, Durchführung und Aufzeichnung klinischer Studien am Menschen sowie der Berichterstattung über diese Studien anzuwenden. Die Randomisierung wird dort als essentieller Bestandteil kontrollierter klinischer Studien beschrieben, um eine Verzerrungen der Studienergebnisse durch Selektion, d.h. durch bewusste oder auch unbewusste Zuordnung von Patienten zu bestimmten Behandlungen, zu minimieren. In der ICH-Richtlinie General consideration for clinical trials, E8 [3] findet sich zusätzlich die Empfehlung, das verwendete Randomisierungsverfahren bei der Analyse der erhobenen Daten zu berücksichtigen. Mittels herkömmlicher parametrischer Modelle lässt sich diese Empfehlung jedoch nicht umsetzen.

Material und Methoden

Bei der weit verbreiteten Vorgehensweise parametrische Modelle zur Auswertung klinischer Studien heranzuziehen, wird die Testentscheidung auf Grund von Verteilungsannahmen getroffen, die daraus abgeleitet werden, dass die Patienten einer Studie als Repräsentanten einer bestimmten Population betrachtet werden. Damit können die an den Patienten beobachteten Realisationen der Zielvariablen als unabhängig verteilt angenommen werden. Entspricht das angenommene Modell den tatsächlichen Gegebenheiten, dann ist die Testentscheidung unabhängig davon, wie die Behandlungen zugeteilt wurden, also unabhängig vom verwendeten Randomisierungsverfahren.

Ein alternatives Vorgehen zu parametrischen Verfahren besteht darin, die Randomisierung selbst als eine Basis für den Vergleich von Behandlungen heranzuziehen. Dieses Konzept ist frei von der Annahme der zufälligen Stichprobenerhebung und verzichtet darüber hinaus auf Verteilungsannahmen. Die Testentscheidung wird im Randomisationstest auf der Basis der Verteilung einer Teststatistik gefällt, die sich aus allen unter der Nullhypothese zulässigen Randomisierungssequenzen ergibt, die bei der Zuweisung der Patienten zu den Behandlungen auftreten können. Damit wird die Menge der an den Patienten beobachteten Realisationen der Zielvariablen unter der Nullhypothese als feste, also nicht zufällige Größe betrachtet, die unabhängig von der jeweiligen Behandlung beobachtet wird. Die zufällige Größe im Randomisationstest stellt die Zuweisung der Behandlung dar. Somit hängt die Verteilung der Teststatistik unter der Nullhypothese und damit die Testentscheidung vom zugrundeliegenden Randomisierungsverfahren ab.

Zur konkreten Durchführung der Randomisierung existieren eine Reihe von Verfahren, wobei das Prinzip der vollständig zufälligen Zuweisung zu den verschiedenen Behandlungen häufig zugunsten gleich großer Behandlungsgruppen eingeschränkt wird. In der Gruppe der eingeschränkten Randomisierungsverfahren stellt die Randomisierung in Blöcken eine beliebte Prozedur dar. Sie hat den Vorteil, dass periodisch eine Ausgewogenheit in der Patientenzahl je Behandlung erzwungen wird, hat aber dadurch auch den Nachteil, dass die Abfolge der Zuweisungen zu einem gewissen Grad vorhersagbar sind. Eine sinnvolle Variante, die die Vorhersagbarkeit minimiert, wird durch die ICH-Richtlinie Statistical principles for clinical trials, E9 [4] empfohlen und beinhaltet die Verwendung verschiedener Blocklängen, deren Abfolge zufällig gewählt wird.

Aufgrund der angeführten ICH-Empfehlungen wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich die Auswertung einer kontrollierten randomisierten klinischen Studie in Bezug auf die Verwendung eines parametrischen Modells bzw. eines Randomisationsmodells, in dem eine Randomisierung in Blöcken zufälliger Länge angenommen wird, unterscheidet. Beide Vorgehensweisen werden an Hand eines realen Datensatzes (N=50) einer kontrollierten randomisierten klinischen Studie miteinander verglichen. Dazu wird für die möglichen Blocklängen 2, 4 und 6 die Verteilung unter einem linearen Rangtest für das Verfahren der Randomisierung in Blöcken zufälliger Länge erzeugt und der resultierenden p-Werte dem unter der Normalapproximationsvariante des Wilcoxon-Rangsummentests gegenübergestellt.

Zur Demonstration der Tatsache, dass verschiedene Randomisierungsverfahren unterschiedliche Referenzmengen erzeugen, die wiederum unterschiedliche Verteilungen der Teststatistik unter der Nullhypothese produzieren, werden die Ergebnisse einer Randomisierung in Blöcken zufälliger Länge zusätzlich denen unter einer balancierten Randomisierung gegenübergestellt.

Ergebnisse

Nimmt man bei der Auswertung der Beispieldaten eine Randomisierung in Blöcken zufälliger Längen an, ist eine antikonservative Testentscheidung (p=0.000016) im Vergleich zur Testentscheidung unter der Normalapproximationsvariante des Wilcoxon-Rangsummentests (p=0.000023) zu beobachten. Vergleicht man die Testentscheidungen unter einer angenommenen Randomisierung in Blöcken zufälliger Längen mit der unter einer balancierten Randomisierung (p=0.000008), zeigt sich im Beispieldatensatz eine konservative Testentscheidung des ersten im Vergleich zum zweiten betrachteten Randomisierungsverfahrens.

Simulationen der beobachteten Werte der Zielvariablen zeigen, dass das konservative Verhalten nicht generell zu erwarten ist, sondern dass antikonservative Testentscheidungen genauso zu beobachten sind.

Diskussion

Mittels herkömmlicher parametrischer Modell lässt sich die ICH-Empfehlung, das in einer Klinischen Studie angewandte Randomisierungsverfahren bei der Auswertung zu berücksichtigen, nicht umsetzen. Stützt man hingegen die Auswertung auf ein Randomisationsmodell, das neben der Verteilungsannahmen zusätzlich auf die im Rahmen klinischer Studien unplausible Annahme der Zufallsstichprobe verzichtet, nimmt das verwendete Randomisierungsverfahren wesentlichen Einfluss auf die Verteilung der Teststatistik unter der Nullhypothese und damit auf die Testentscheidung. Darüber hinaus zeigt sich, dass unterschiedliche Randomisierungsverfahren zu einander widersprechenden Testentscheidungen führen können.


Literatur

1.
http://www.bmgs.bund.de/download/gesetze/entwuerfe/AenderungArzneimittelgesetz.pdf
2.
ICH E6 (1996), Guideline for good clinical practice, http://www.eudra.org/humandocs/human/ich.htm.
3.
ICH E8 (1998), General considerations for clinical trials, http://www.eudra.org/humandocs/human/ich.htm.
4.
ICH E9 (1998), Statistical principles for clinical trials, http://www.eudra.org/humandocs/human/ich.htm