gms | German Medical Science

49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds)
19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)
Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI)

26. bis 30.09.2004, Innsbruck/Tirol

Finanzielle Folgelasten der Erwerbsunfähigkeit für die Gesetzliche Rentenversicherung durch geringen Handlungsspielraum und hohe Konzentrationsanforderungen

Meeting Abstract (gmds2004)

  • author H. Friedel - Institu für Gesundheitsförderung und Prävention an der Universität Duisburg-Essen, Deutschland
  • M. Friedrichs - Institu für Gesundheitsförderung und Prävention an der Universität Duisburg-Essen, Deutschland
  • C. Röttger - Institu für Gesundheitsförderung und Prävention an der Universität Duisburg-Essen, Deutschland
  • W. Bödeker - Bundesverband der Betriebskrankenkassen in Essen, Deutschland

Kooperative Versorgung - Vernetzte Forschung - Ubiquitäre Information. 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds), 19. Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Informatik (SGMI) und Jahrestagung 2004 des Arbeitskreises Medizinische Informatik (ÖAKMI) der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) und der Österreichischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (ÖGBMT). Innsbruck, 26.-30.09.2004. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2004. Doc04gmds362

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2004/04gmds362.shtml

Veröffentlicht: 14. September 2004

© 2004 Friedel et al.
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Gliederung

Text

Einleitung

Die Erwerbsunfähigkeit ist ein unumkehrbarer biografischer Einschnitt. Sie hat individuelle psychologische, soziale und auch ökonomische Konsequenzen. Bei der Frage nach den ökonomischen Konsequenzen der Erwerbsunfähigkeit werden die Kosten, resp. Folgelasten für Dritte untersucht. Dazu gehören auch die Träger der sozialen Sicherungssysteme. Während die Krankheitsbehandlungskosten vornehmlich von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen sind, impliziert die Erwerbsunfähigkeit für die Gesetzliche Rentenversicherung (kurz: GRV) u.a. Transferzahlungen. Sie gehören zu den finanziellen Folgelasten der Erwerbsunfähigkeit für die GRV. Diese Studie zielt auf die Quantifizierung der arbeitsbezogenen Anteile an diesen Folgelasten, um Schwerpunkte der Prävention der Erwerbsunfähigkeit in der Arbeitswelt unter dem Aspekt günstiger Kosten-Nutzen-Relationen auszumachen.

Methoden

Die arbeitsbezogenen (Kosten-) Anteile werden durch attributive Risiken (AR) bestimmt. Dazu werden zum einen im Design einer längsschnittlich angelegten gematchten Fall-Kontroll-Studie relative Erwerbsunfähigkeitsrisiken für arbeitsbezogenen Belastungen ermittelt. Zum anderen gehen die Angaben zu den Prävalenzen dieser Belastungen in der Arbeitsbevölkerung in die Berechnung der attributiven Risiken ein. Zur Abbildung ausschließlich gesundheitlich bedingter Erwerbsunfähigkeiten werden nur Berentungen, bei deren Rentengewährung die Arbeitsmarktlage bedeutungslos war, einbezogen. Die finanziellen Folgelasten der Erwerbsunfähigkeit für die GRV werden aus drei Positionen bestimmt:

1. Entgangene Beitragszahlungen für die GRV vom Zeitpunkt der EU-Berentung bis zur hypothetischen Altersberentung im 65. Lebensjahr,

2. EU-Rentenzahlungen durch die GRV bis zur Umwandlung in eine Altersrente und

3. Effekte auf die Altersrenten durch verringerte Anwartschaften und vorzeitigen Tod.

Der vorzeitige Tod eines Frührentners impliziert bei dieser Betrachtung einen Wegfall eines Empfängers von Transferleistungen aus dem sozialen Sicherungssystem.

Ergebnisse

Die finanziellen Folgelasten der Erwerbsunfähigkeit für die GRV im Jahr 1999 belaufen sich auf insgesamt ca. 12,3 Mrd. Euro, darunter ca. 6,4 Mrd. Euro für Männer und ca. 5,9 Mrd. Euro für Frauen.

Belastungen durch geringen Handlungsspielraum und durch hohe Konzentrationsanforderungen erzielen mit Blick auf beide Geschlechter und die verschiedenen Berentungsdiagnosen konsistent hohe attributive Risiken. Tabelle 1 [Tab. 1] verdeutlicht dies für die Erwerbsunfähigkeiten ungeachtet der Diagnose. So lassen sich bspw. bei den Männern 39 % aller Erwerbsunfähigkeiten auf Belastungen durch geringen Handlungsspielraum zurückführen. Damit sind mit diesen Arbeitsbelastungen finanzielle Folgelasten für die GRV in Höhe von ca. 2,5 Mrd. Euro assoziiert.

Diskussion

Das Risiko einer EU-Berentung steht in engem Zusammenhang mit den im Verlauf der Erwerbsbiografie erlebten arbeitsbezogenen Belastungen. Im Zuge der Belastungen durch geringen Handlungsspielraum erwachsen der GRV für jeden männlichen/ weiblichen EU-Rentner finanzielle Folgelasten von 36 Tsd./ 27 Tsd. Euro. Für Belastungen durch hohe Konzentrationsanforderungen entstehen Folgelasten von 17 Tds. und von 19 Tsd. Euro. Aus Sicht der GRV sind dies gleichsam die Einsparpotentiale für die Prävention der Erwerbsunfähigkeit. Die ökonomischen Konsequenzen der Erwerbsunfähigkeit bleiben aber nicht auf die GRV beschränkt. So betreffen bspw. die Krankheitsbehandlungskosten erwerbsunfähiger Frührentner vornehmlich die Gesetzliche Krankenversicherung. Angesichts der sektorenübergreifenden Relevanz der ökonomischen Konsequenzen der Frühberentung sind daher gemeinsame Präventionsstrategien der Sozialversicherungsträger sinnvoll.

Danksagung

Die Arbeiten sind im Rahmen der Studie „Kosten der Frühberentung. Abschätzung des Anteils der Arbeitswelt an der Erwerbs- und der Berufsunfähigkeit und der Folgekosten" im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin durch das Institut für Gesundheitsförderung und Prävention an der Universität Duisburg-Essen durchgeführt worden. Das anspruchsvolle Studiendesign konnte nur durch die Unterstützung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, verschiedener Landesversicherungsanstalten (Braunschweig, Freie und Hansestadt Hamburg, Oberfranken/Mittelfranken, Schleswig-Holstein und Westfalen), der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, der Bundesknappschaft und des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung umgesetzt werden. Abschließend bedanken sich die Autoren auch bei der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen für die Arbeiten zur Ermittlung der indirekten Kosten der Frühberentung.