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Virtual Reality als Teamwork-Lernumgebung im Medizinstudium
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Veröffentlicht: | 11. September 2023 |
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Fragestellung/Zielsetzung: In medizinischen Notfallsituationen ist eine schnelle und effektive Zusammenarbeit des Notfall-Teams von entscheidender Bedeutung [1].
Um die hierfür nötigen interpersonellen Fähigkeiten ausbilden und trainieren zu können, wären curricular verankerte Teamtrainings bereits im Studium eine wünschenswerte Option. Da entsprechende Trainings in der realen Welt allerdings mit hohem Simulationsaufwand verbunden sind, bieten sich Multi-User-Anwendungen in der Virtual Reality (VR) als Alternative an [2].
Ziel unserer Studie war, die studentische Wahrnehmung und Bewertung einer notfallmedizinisch orientierten Multi-User VR-Lernumgebung als Lern- und Trainingsmöglichkeit im Hinblick auf interpersonelle Interaktionen abzubilden.
Methoden: Die Studie wurde an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm im Wintersemester 2021/22 im Rahmen der curricularen Pflichtveranstaltung „Rettungswagenpraktikum“ durchgeführt.
Knapp 100 Studierende aus dem 10. Fachsemester behandelten dabei jeweils in Zweierteams präklinische Notfallpatient*innen in der virtuellen Realität; die jeweiligen Trainingspartner*innen waren in der VR als Avatare wahrnehmbar.
Mittels Mixed-Methods-Design wurden die Studierenden, die sich zur Studienteilnahme bereit erklärt hatten, einerseits mit Hilfe von Fragebögen (n=71), andererseits mittels leitfadengestützter Interviews zu ihren Wahrnehmungen und Bewertungen im Hinblick auf das Studienziel befragt (n=28). Vorgestellt werden hier insbesondere die Ergebnisse der Leitfadeninterviews.
Ergebnisse: Eine wesentliche Erkenntnis der Studie bestand darin, dass bei den Studierenden a priori praktisch kein Bewusstsein dafür bestand, dass neben den rein fachlich-notfallmedizinischen Lerngelegenheiten die virtuelle Lernumgebung auch Lern- und Trainingsmöglichkeiten im Hinblick auf Teamwork/interpersonelle Interaktion bietet.
Erst nach explizitem Hinweis seitens der Interviewerin wurde dieses Thema studierendenseitig aufgegriffen, dann allerdings als positive Option im Hinblick auf Teamtrainings reflektiert. Als hinderliche Faktoren wurden – neben dem a priori fehlenden Bewusstsein für die Lernoption – insbesondere die artifizielle Wahrnehmung der Tandempartner*innen als Avatare benannt, sowie die teilweise hohe Absorption der Aufmerksamkeit der Studierenden durch die relative Neuartigkeit der Technik.
Diskussion: Das Potential, Multiuser-VR-Anwendungen im Kontext von Teamtrainings einzusetzen, ist aus Sicht der Studienteilnehmer*innen vielversprechend.
Allerdings muss das studentische Bewusstsein dafür, dass eine Multi-User VR-Lernumgebung neben rein fachlich-medizinischen Lernoptionen auch die Option bietet, interpersonelle Interaktionen beispielsweise im notfallmedizinischen Setting zu trainieren, im Vorfeld durch explizite Thematisierung geweckt werden.
Literatur
- 1.
- Milton J, Erichsen Andersson A, Åberg ND, Gillespie BM, Oxelmark L. Healthcare professionals’ perceptions of interprofessional teamwork in the emergency department: a critical incident study. Scand J Trauma Resusc Emerg Med. 2022;30(1):46. DOI: 10.1186/s13049-022-01034-0
- 2.
- Lerner D, Mohr S, Schild J, Göring M, Luiz T. An Immersive Multi-User Virtual Reality for Emergency Simulation Training: Usability Study. JMIR Serious Games. 2020;8(3):e18822. DOI: 10.2196/18822