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Ich-Perspektive-Videos als innovative High-Tech Feedbackmethode in simulierten Reanimationsszenarien – eine randomisiert-kontrollierte Studie
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Veröffentlicht: | 15. September 2021 |
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Fragestellung/Zielsetzung: In der medizinischen Ausbildung wird seit einigen Jahren Videotechnik zur Analyse von Simulationsszenarien eingesetzt. Im Zuge der technologischen Weiterentwicklung ergeben sich darüber hinaus zusätzliche Möglichkeiten der Videotechnik, deren Potential fortlaufend evaluiert werden muss. Eine Studie von Hennemann et al. legt positive Effekte einer Feedbackmethode, welche die Perspektive des Lernenden integriert (sog. Ich-Perspektive-Videos), in simulationsbasierten Lernumgebungen nahe [1]. Eine systematische Evaluation dieser Feedbackmethode in der simulationsbasierten medizinischen Ausbildung fehlt bisher.
In dieser Studie wurde untersucht, ob das Betrachten eines zuvor aufgezeichneten Ich-Perspektive-Videos der Probanden während einer simulierten Reanimationssituation positive Auswirkungen auf die Reanimationsqualität hat.
Methoden: Die Studie wurde in das Pflichtcurriculum Notfallmedizin der Technischen Universität München integriert. In Teams zu je vier Personen wurden Studierende mit einer Reanimationssituation konfrontiert (Prätest), die sie mit Kamerabrillen aufzeichneten. So entstand für jeden Teilnehmenden ein persönliches Ich-Perspektive-Video. Anschließend wurden die Teams randomisiert der Kontrollgruppe (n=12) mit einem 30-minütigen Instruktor-geführten Debriefing zugeteilt oder erhielten in der Interventionsgruppe (n=12) ein 20-minütiges Instruktor-geführtes Debriefing und betrachteten 10 Minuten lang das zuvor aufgenommene Ich-Perspektive-Video. Anschließend absolvierten alle Teams ein zweites Reanimationsszenario (Posttest). Zur Erfassung der Reanimationsqualität wurden die Sensordaten der Übungspuppe aufgezeichnet und daraus die effective compression ratio (ECR) [2] berechnet. Zusätzlich wurden aus Aufzeichnungen von Raumkameras relevante Zeiten durchgeführter Maßnahmen erfasst.
Ergebnisse: Die ECR verbesserte sich von Prätest zu Posttest (ECR 0.13±0.11 vs 0.19±0.11, siehe Abbildung 1 [Abb. 1]), ohne signifikanten Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Eine Analyse der relevanten Zeitpunkte im Reanimationsablauf zeigte ebenfalls keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
Diskussion: Das Ersetzen von 10 Minuten des Instruktor-geführten Debriefings durch Betrachten von 10-minütigen Ich-Perspektive-Videos hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Reanimationsqualität. Allerdings verschlechterte sich die Reanimationsqualität der Interventionsgruppe auch nicht, obwohl deren Instruktor-geführtes Debriefing um ein Drittel gekürzt wurde. Die Videotechnik konnte nahtlos in das Kurskonzept integriert werden und wurde von den Teilnehmenden gut angenommen.
Take Home Messages: Ich-Perspektive-Videos lassen sich prinzipiell gut in simulationsbasierte Lehreinheiten integrieren, wobei in dieser Studie dadurch keine Verbesserung der Reanimationsqualität gezeigt werden konnte. Es benötigt weitere Studien, die die idealen Bedingungen für einen effektiven Einsatz von Ich-Perspektive-Videos als Feedbackmethode untersuchen.
Literatur
- 1.
- Henneman EA, Cunningham H, Fisher DL, Plotkin K, Nathanson BH, Roche JP, Marquard JE, Reilly CA, Henneman PL. Eye tracking as a debriefing mechanism in the simulated setting improves patient safety practices. Dimens Crit Care Nurs. 2014;33(3):129-135. DOI: 10.1097/DCC.0000000000000041
- 2.
- Greif R, Stumpf D, Neuhold S, Rützler K, Theiler L, Hochbrugger E, Haider D, Rinösl H, Fischer H. Effective compression ratio-a new measurement of the quality of thorax compression during CPR. Resuscitation. 2013;84(5):672-677. DOI: 10.1016/j.resuscitation.2012.10.016