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Interprofessionelles Lehren und Lernen in der akademischen Ausbildung der Gesundheitsfachberufe: Effekte auf die selbst eingeschätzten Kompetenzen und die Wahrnehmung der Berufe
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Veröffentlicht: | 15. September 2021 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Die Sektion Medizin der Universität zu Lübeck bietet neben dem Studiengang Humanmedizin auch Bachelorstudiengänge in allen patientennahen Gesundheitsfachberufen an. Ein Kernelement dieses „Lübecker Modells“ ist das interprofessionelle Lehren und Lernen. Hierfür umfassen die Studiengänge Ergotherapie/Logopädie, Pflege und Physiotherapie das gemeinsame Lehrmodul „Interprofessionelle Kommunikation und Versorgung“, in dem die Studierenden sich grundlegende Kompetenzen für eine multiprofessionelle patientenzentrierte Versorgung aneignen. Nach einer Pilotierung im Wintersemester 2018/2019 wurde das Modul überarbeitet und im Wintersemester 2019/2021 erneut durchgeführt, begleitet von einer umfassenden formativen und summativen Evaluation. Ziel war es, Veränderungen der selbsteingeschätzten Kompetenzen zur interprofessionellen Zusammenarbeit und der Einstellungen zum interprofessionellen Lernen zu erfassen.
Methoden: Mittels webbasierter Prä-Post-Befragung wurden alle teilnehmenden Studierenden (n=72) zu Beginn und am Ende des Moduls um quantitative und qualitative Angaben zu folgenden Prozess- und Ergebnisparametern gebeten: Wahrnehmung der Lehrformate, -inhalte und -methoden (T1), Selbst- und Fremdeinschätzung der Bedeutung und Autarkie einzelner Gesundheitsberufe (T0 und T1) sowie selbsteingeschätzte Kompetenzen und Einstellungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit, erhoben anhand des UWE-IQ [1]. Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Das Modul wurde überwiegend als sehr relevant, persönlich bereichernd und angemessen gestaltet eingeschätzt. Die Prä-Post-Analyse der UWE-IQ-Subskalen zeigte eine starke Veränderung hin zu positiveren Einstellungen gegenüber dem interprofessionellen Lernen (Mittelwertdifferenz (SD): -2,7 (4,0)) sowie leichte Verbesserungen in den selbsteingeschätzten Kompetenzen in der Kommunikation und Teamarbeit (-0,9 (2,3)) und der interprofessionellen Beziehungsgestaltung (-0,7 (3,9)). Für die Subskala Interprofessionelle Interaktion wurde dagegen eine Verschiebung zu kritischeren Sichtweisen verzeichnet (+0,9 (3,5)). Die Effekte unterschieden sich teilweise je nach Studiengang in Richtung und Stärke.
Diskussion: Insgesamt ist eine positive Wahrnehmung des Moduls festzustellen, was durch die Effekte zugunsten der Einstellungen zum interprofessionellen Lernen unterstrichen wird. Allerdings scheinen die selbst eingeschätzten Kompetenzen in wichtigen Dimensionen der interprofessionellen Zusammenarbeit durch das Modul weniger stark beeinflussbar zu sein als erwartet. Die Gestaltung und Effekte des Moduls sind daher, wie interprofessionelle Lernangebote generell [2], weiter kritisch zu prüfen.
Take Home Message: Es zeigt sich, dass spezielle interprofessionelle Lehrkonzepte durchaus einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Einstellungen zur Zusammenarbeit haben können, hinsichtlich Umfang, Gestaltung und Nutzen jedoch weitere fundierte empirische Erkenntnisse erforderlich sind.
Literatur
- 1.
- Mahler C, Berger S, Pollard K, Krisam J, Karstens S, Szecsenyi J, Krug K. Translation and psychometric properties of the German version of the University of the West of England Interprofessional Questionnaire (UWE-IQ). J Interprof Care. 2017;31(1):105-109. DOI: 10.1080/13561820.2016.1227964
- 2.
- Reeves S, Perrier L, Goldman J, Freeth D, Zwarenstein M. Interprofessional education: Effects on professional practice and healthcare outcomes. Cochrane Database of Syst Rev. 2013;2013(3):CD002213. DOI: 10.1002/14651858.CD002213.pub3