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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

26.09. - 28.09.2013, Graz, Österreich

Anamnese und Empathie – zwei Seiten derselben Medaille

Vortrag

  • Friedemann Ohm - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Daniela Vogel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Susanne Sehner - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
  • Marjo Wijnen-Meijer - University Medical Center Utrecht, Utrecht, Niederlande
  • corresponding author Sigrid Harendza - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Graz, 26.-28.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocV15_06

doi: 10.3205/13gma240, urn:nbn:de:0183-13gma2405

Veröffentlicht: 20. August 2013

© 2013 Ohm et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine inhaltlich gute Anamnese und ein empathischer Kommunikationsstil sind zwei wichtige Aspekte für eine erfolgreiche Arzt-Patienten-Interaktion. Das Erheben von wichtigen medizinischen Details in der Anamnese ist wesentlich für eine erfolgreiche klinische Entscheidungsfindung, während Empathie relevant ist für den Aufbau der Arzt-Patienten-Beziehung. Mit dieser Untersuchung wollten wir herausfinden, ob Medizinstudierende am Ende des Praktischen Jahres (PJ) in der Lage sind, beide Fähigkeiten, wie es im klinischen Alltag erforderlich ist, miteinander zu kombinieren.

Methoden: An einer fünfstündigen kompentenzbasierten Prüfung, die unter andem eine einstündige Sprechstunde mit fünf Simulationspatienten beinhaltete, nahmen 30 PJ-Studierende der Medizinischen Fakultät Hamburg teil. Alle Anamnesegespräche wurden auf Video aufgezeichnet und die Simulationspatienten füllten nach jedem Gespräch einen CARE-Fragebogen aus, um die im Gespräch erlebte Empathie zu dokumentieren. Alle 150 auf Video aufgenommenen Gespräche wurden mit Hilfe von Checklisten auf die Anzahl der erfragten wesentlichen medizinischen Details überprüft. Die Analyse der Daten erfolgte mittels linearer Mixed Models Analyse, um für Random Effects zu kontrollieren. Außerdem wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt, um eine mögliche Korrelation der Anzahl der erhobenen medizinischen Details mit den Empathiebewertungen zu prüfen.

Ergebnisse: Von den 123 medizinischen Details, die hätten erfragt werden können, erhoben die PJ-Studierenden nur 56,4% (95% CI 53,5–59,3%). Während sich kein Unterschied zwischen weiblichen und männlichen PJ-Studierenden fand, bestand ein signifikanter Unterschied (p<0,001) zwischen den beiden Teilen der Checkliste. In Teil 1 (aktuelle Symptome) wurden 61,1% (95% CI 57,9–64,3) der Aspekte erhoben, während es in Teil 2 (weitere Anamnese) nur 52,0% (95% CI 47,4–56,7%) waren. Alle Schauspielerinnen bewerteten die Empathie von Studentinnen signifikant (p<0,01) besser (mittlerer CARE-Wert 14,2; 95% CI 12,3–16,3) gegenüber Studenten (mittlerer CARE-Wert 19,2; 95% CI 16,3–22,6). Die Regressionsanalyse zeigte keine Korrelation zwischen der Zahl der erhobenen medizinischen Details und den CARE-Werten.

Schlussfolgerungen: Das Erheben relevanter medizinischer Anamnesedaten und ein empathischer Kommunikationsstil sind zwei Seiten derselben Medaille. Während beide Fähigkeiten während des Medizinstudiums üblicher Weise in unterschiedlichen Veranstaltungen erlernt werden, benötigen Medizinstudierende offenbar weitere Übungsmöglichkeiten, die ihnen Gelegenheit bieten, beide Fähigkeiten miteinander zu verknüpfen, wie es der spätere tägliche ärztliche Alltag erfordert.