Artikel
TEmE: Ein neuer, PC-basierter Test zur Entwicklung der medizinischen Entscheidungskompetenz Studierender
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 5. August 2010 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Entscheidungskompetenz, die Fähigkeit, schnell gute Entscheidungen zu treffen, ist ein Ausbildungsziel medizinischer Studiengänge. Um eine gezielte Förderung dieser Kompetenz zu ermöglichen, bedarf es eines Instruments zur Messung ihrer Ausprägung. Ziel der dargestellten Arbeit ist die Entwicklung und Überprüfung eines Tests der (medizinischen) Entscheidungskompetenz Studierender.
Methodik: In einem computergestützten Test wurde Studierenden anhand einer Fallvignette und eines Patientenvideos im 1. Schritt ein Patient mit Luftnot vorgestellt. Aufgabe der Studierenden war es, aus 36 möglichen diagnostischen Maßnahmen im 2. Schritt in beliebiger Reihenfolge alle von ihnen für notwendig erachteten Maßnahmen auszuwählen, um eine Diagnose zu stellen. Die zu erhebenden Befunde stammen von realen Patienten und wurden als Bild, Ton, Video oder Text dargestellt. Mit Stellen der Diagnose wurden die Studierenden im 3. Schritt um Anordnung einer Therapie gebeten. Insgesamt mussten die Studierenden so 6 Patienten mit Luftnot unterschiedlicher Genese in zufälliger Reihenfolge diagnostizieren und behandeln. Aufgezeichnet wurden alle gewählten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sowie deren zeitliche Latenzen.
Nach Testende wurden die Studierenden zudem gebeten, ca. 100 Fragen aus standardisierten Fragebögen zu relevanten Persönlichkeitsmerkmalen zu beantworten und den Test anhand eines einseitigen Fragebogens mit siebenstelliger Likert-skala zu evaluieren. Neben dem TEmE haben alle Studierenden an einer OSCE - und einer MC-Prüfung teilgenommen. Als Referenzgruppe, mit der das Verhalten der Studierenden verglichen wurde, dienen Assistenz- und Oberärzte aus Anästhesiologie und Innerer Medizin mit wenigstens 3 Jahren Berufserfahrung. Die Referenzgruppe bearbeitete ebenfalls alle 6 Fälle und wurde zudem nach Fallabschluss über die intendierte Diagnose informiert und gebeten, für alle 36 zur Verfügung stehenden diagnostischen Maßnahmen auf einer fünfstelligen Likert-Skala deren Indikation zu bewerten. Für alle Maßnahmen wurden aus den Expertendaten Konsens, Relevanz und Dringlichkeit fallspezifisch berechnet.
Statistische Tests wurden mit PASW Version 18 durchgeführt und umfassen Kruskal-Wallis, students t-test und Chi-Quadrat-Tests.
Ergebnisse: Im WS 2009/10 haben 283 Studierende des Reformstudiengangs Medizin Berlin aus den Semestern 1,3,5,7 und 9 am TEmE teilgenommen. 279 davon haben ebenfalls an MC und OSCE teilgenommen. 250 Studierende haben die Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen beantwortet. Die Referenzgruppe umfasst 20 Experten, 8 Anästhesisten und 12 Internisten. Die Studierenden halten den TEmE für eine sinnvolle Prüfung (72% Zustimmung Z, 15% unentschieden U, 13% Ablehnung A, Median 2 M), wünschen sich den Test auch zu anderen Leitsymptomen (62 Z/28 U/10 A/2 M) und finden die technische Handhabung einfach (95 Z/4 U/2 A/1 M). Die mittlere Häufigkeit der korrekten Diagnosestellung (McDx) liegt in der Expertengruppe bei 0.9, SD=0,08. McDx nimmt über die Semester signifikant zu (p<0,01). Abbildung 1 [Abb. 1] stellt McDx über alle Semester und für die Experten da. McDx korreliert minimal mit erreichten MC- und OSCE-Punktzahlen (r2=0,053 und -0,073). Experten ergreifen signifikant weniger Maßnahmen als Studierende (p<0,01) und diagnostizieren signifikant schneller (p<0,05). Relevanz und Dringlichkeit der ergriffenen Maßnahmen nehmen über die Semester signifikant zu.
Schlussfolgerungen: Medizinische Entscheidungskompetenz stellt offenbar eine eigene Kompetenz unabhängig von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten dar, für deren Messung mit dem TEmE ein neues Instrument zur Verfügung steht. Anzustreben ist die Entwicklung weiterer Fälle insbesondere zu Leitsysmptomen aus anderen Domänen der Medizin.