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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten

Meeting Abstract

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom026

doi: 10.3205/11fom026, urn:nbn:de:0183-11fom0264

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Karsch-Völk et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Bei vielen alten Patienten ist die Nierenfunktion eingeschränkt und limitiert die Medikamentenverordnung. Für die Dosisanpassung von Medikamenten bei alten Patienten haben sich der Serum-Kreatininwert, aber auch die häufig zur Berechnung einer eGFR (estimated glomerular filtration rate) verwendete Modification of Diet in Renal Disease (MDRD)- Formel oder die Cockroft-Gault-Formel (CG) als nur eingeschränkt geeignet erwiesen. Serum-Cystatin C wurde in vielen Untersuchungen als ein dem Serum-Kreatinin überlegener Nierenparameter beschrieben, der vor allem bei alten Menschen weniger störanfällig ist. In unserer Studie soll untersucht werden, ob eine Berechnung der eGFR mittels Cystatin C-basierten Formeln im Vergleich zur Berechnung mit Kreatinin-basierten Formeln zu einer so unterschiedlichen Einschätzung der Nierenfunktion bei über 80-Jährigen führt, dass sich auch unterschiedliche Konsequenzen für die Dosisanpassung der Medikation ergeben.

Material und Methoden: Eingeschlossen wurden hausärztliche Patienten ab 80 Jahren, die einwilligungsfähig waren, eine normale Schilddüsenfunktion und keine akute maligne Erkrankung hatten. Bei allen Patienten wurden Serum-Kreatinin und Serum-Cystatin C bestimmt und die eGFR mit den beiden Kreatinin-basierten Formeln MDRD und CG und drei Cystatin C-basierten Formeln (Grubb, Hoek, Perkins) berechnet. Zusätzlich wurde die Medikation aller Patienten erfasst. Zur Bewertung der Medikationskonsequenzen wurden drei Quellen herangezogen: The Renal Drug Handbook [1], www.dosing.de und das Arzneimittel Pocket [2].

Ergebnisse: Insgesamt konnten 108 Patienten in die Auswertung aufgenommen werden. Das Durchschnittsalter lag bei 86 Jahren (SD 4,4 Jahre), der Frauenanteil bei 73%, die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Wirkstoffe bei 7,5 (SD 3,8) und die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Medikamente, bei denen eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz nötig werden kann, bei 2,5 (SD 1,4).

Die Serum-Kreatininwerte lagen durchschnittlich bei 1,12 mg/dl (SD 0,46 mg/dl, Min 0,5 mg/dl, Max 3,2 mg/dl) und die Serum-Cystatin C-Werte bei 1,26 mg/l (SD 0,45 mg/l, Min 0,63 mg/l, Max 3,35 mg/l). Die eGFR-Werte lagen im Durchschnitt je nach Formel bei [ml/min/1,73m2] CG: 46,0; MDRD: 57,1; Grubb: 68,3; Hoek: 66,1; Perkins 87,6. Infolge des Renal Drug Handbook [1] müssen die wenigsten nierenfunktionsbedingten Medikationsänderungen durchgeführt werden und infolge des Arzneimittel Pocket [2] die meisten.

Schlussfolgerung/Implikation: Generell schätzen die kreatininbasierten Formeln die eGFR niedriger ein als die Cystatin C-basierten Formeln und führen daher auch zu mehr Konsequenzen bezüglich der Medikation. Dabei werden mit der CG-Formel die niedrigsten eGFR-Werte ermittelt.

Mehr als die Methode zur Bestimmung der Nierenfunktion jedoch beeinflusst die Auswahl der Referenzquelle, ob Konsequenzen bei der Medikation hoch Betagter gezogen werden müssen.


Literatur

1.
Ashley C, Currie A. The Renal Drug Handbook. 3rd ed. Oxford, New York: Radcliffe Publishing; 2009.
2.
Ruß A, Endres S. Arzneimittel Pocket. 7. Aufl. Grünwald: Börm Bruckmeier Verlag; 2010.