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PUMA – potentiell unangemessene Medikamente im Alter
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Veröffentlicht: | 14. September 2011 |
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Hintergrund: Menschen ab einem Alter von 65 Jahren haben aufgrund ihres veränderten Stoffwechsels und der möglicherweise vorhandenen Multimorbidität verbunden mit Polypharmazie ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Vor allem bei Pflegeheimbewohnern ist gegenüber Nicht-Pflegeheimbewohnern eine erhöhte Mortalität und eine höhere Anzahl an Krankenhauseinweisungen zu beobachten [1]. Potentially inappropriate Medication (PIM) erhöht das Risiko von UAWs [2]. Über die Prävalenz der PIM bei Pflegeheimbewohnern sowie deren Prädiktoren gibt es in Deutschland bislang keine ausreichenden empirische Befunde. Ziel der Studie war daher, die Prävalenz von PIM bei Pflegeheimbewohnern (65 Jahre und älter) zu erheben und Prädiktoren dafür festzustellen.
Material und Methoden: 26 Hausarztpraxen im südbadischen Raum lieferten 549 vollständige Datensätze mit aktuellen Diagnosen, Kreatinin, Gewicht, Geschlecht, Alter und dem Medikamentenverordnungsbogen aller ihrer sich in Pflegeheimen befindlichen Patienten. Die Medikation wurde mittels der Beers-Liste von 2003 sowie dem Arzneiverordungsreport 2008 (AVR, modifizierte Beers-Liste für den deutschen Markt) mittels T- Tests und logistischer Regression analysiert.
Ergebnisse: Von den 549 in die Studie eingeschlossenen Patienten waren 425 weiblich (77%). Das Durchschnittsalter betrug 83,3 Jahre (SD=7,97). Jeder erhielt durchschnittlich 7,75 (SD=3,75) verschiedene Wirkstoffe und hatte 8,22 (SD=5,07) verschiedene Diagnosen. 79,3 % der Patienten erhielten 5 oder mehr Medikamente gleichzeitig. Frauen waren signifikant älter und nahmen mehr Medikamente ein.
Nach Beers-Kriterien erhielten 44,4 % (n=244) PIM. Digoxin (5,8%), Promethazin (5,5%) und Oxazepam (5,1%) waren die häufigsten Dauermedikamente, Diazepam (3,1%), Lorazepam (2,9%) und Promethazin (2,7%) waren die häufigsten Bedarfsmedikamente. Vier Patienten erhielten 4 PIM gleichzeitig.
Nach AVR-Kriterien erhielten 30,6 % aller Patienten (n=168) PIM. Die häufigsten waren Digoxin (5,8%), Amitriptylin (4,4%) sowie Doxepin (3,3%) in der Dauermedikation, sowie Bisacodyl (6,6%), Diazepam (3,1%) und Nifedipin (1,5%) in der Bedarfsmedikation.
Der stärkste Prädiktor für das Auftreten von PIM war Polypharmazie (AVR: OR: 5,69; Beers: OR: 5,15). Auf Seiten der Ärzte trugen Gemeinschaftspraxen, städtisches Gebiet, häufige Besuche der Einrichtung und Betreuung vieler Einrichtungen zum PIM-Risiko bei.
Abildung 1 [Abb. 1]
Schlussfolgerung/Implikation: PIM sind häufig und relevant. Eine Interventionsstudie zur Reduktion von PIM ist geplant. Daraufhin können prospektive Interventionsstudien den Effekt des Verzichtes auf PIM in Zukunft untersuchen. Verschreiberbezogene Faktoren sollten besser untersucht werden. Die Prävalenz vom PIM ist in der vorliegenden Studie als eher hoch einzuschätzen. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass es seit 2010 eine Liste gibt, die besser auf den deutschen Arzneimittelmarkt angepasst ist. Die vorhandenen Daten sollen mit dieser PRISCUS- Liste erneut untersucht werden.
Literatur
- 1.
- Lau D, Kasper J, Potter D, Lyles A, Bennett R. Hospitalization and death associated with potentially inappropriate medication prescriptions among elderly nursing home residents. Archives of Internal Medicine. 2005;165(1):68-75.
- 2.
- Klarin I, Wimo A, Fastbom J. The association of inappropriate drug use with hospitalisation and mortality: a population based study of the very old. Drugs and Aging. 2005;22(1):69-82.
- 3.
- Fick D, Cooper J, Wade W, Waller J, Maclean J, Beers M. Updating the Beers Criteria for potentially inappropriate medication use in older adults. Arch of Int Med. 2003;163(8/22):2716-24.