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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Erkenntnisgewinn durch EbM am Beispiel der Intraaortalen Ballongegenpulsation im infarktbedingten kardiogenen Schock

Meeting Abstract

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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmP4b

doi: 10.3205/15ebm066, urn:nbn:de:0183-15ebm0667

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Unverzagt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Der kardiogene Schock ist trotz verschiedener Möglichkeiten der Kreislaufunterstützung mit einer hohen Sterblichkeit assoziiert. Mechanische Unterstützungssysteme wie die Intraaortale Gegenpulsation (IABP) können kurzfristig den Kreislauf der Patienten stabilisieren. Die IABP wird aufgrund ihrer leichten Handhabbarkeit und vergleichsweise geringen Komplikationsraten bei verschiedenen kardiologischen Indikationen eingesetzt und wurde bis 2012 in den Leitlinien der führenden US-amerikanischen und europäischen Herzkreislaufgesellschaften auf Grundlage eines Expertenkonsens empfohlen.

Material/Methoden: In den Jahren 2003-2004 wurde eine monozentrische randomisierte Studie durchgeführt, in welcher der Einfluss einer IABP auf das Multiorganversagen, inflammatorische und hämodynamische Parameter bei 40 Patienten mit infarktbedingten kardiogenen Schock untersucht wurde. Anschließend wurden individuelle Patientendaten aller sechs bestehenden randomisierten Studien in einer systematischen Übersichtsarbeit zusammengefasst. Nach Veröffentlichung der Ergebnisse einer multizentrischen, mortalitätsorientierten Multizenterstudie mit 600 Patienten wurde diese Arbeit aktualisiert, so dass nun Daten von sieben randomisierten Studien mit insgesamt 790 Patienten vorliegen.

Ergebnisse: Die IABP zeigte keinen relevanten Einfluss auf Multiorganversagen, Hämodynamik, Inflammation und Sterblichkeit. Die Ergebnisse der ersten Studie konnten aufgrund der Studiengröße, der nichtsignifikanten Ergebnisse und dem Widerspruch zu ärztlichen Erfahrungen und Empfehlungen erst nach der vierten Einreichung und umfangreichen statistischen Auswertungen im Jahr 2010 veröffentlicht werden. Sowohl die systematische Übersichtsarbeit als auch die Ergebnisse der multizentrischen Studie bestätigten die fehlende Wirksamkeit der IABP. Insgesamt kann auf Grundlage der vorliegenden Evidenz von keinem Überlebensvorteil durch den Einsatz der IABP in der untersuchten Patientengruppe ausgegangen werden.

Schlussfolgerung: Die Argumente der randomisierten Studien und systematischen Übersichtsarbeiten wurden akzeptiert und haben veränderten Empfehlungen in den aktuellen amerikanischen, europäischen und deutsch-österreichischen Leitlinien geführt. Wir sehen dies als anschauliches Beispiel für die Schwierigkeiten, fest etablierte, tradierte medizinische Maßnahmen mit Evidenz-basiertem Erkenntnisgewinn abzugleichen und in diesen in die alltägliche klinische Praxis umzusetzen.