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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Inszenierte Wissenschaft: Studien, Tests und Experimente in populären Medizinsendungen

Meeting Abstract

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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmC2d

doi: 10.3205/15ebm014, urn:nbn:de:0183-15ebm0148

Veröffentlicht: 3. März 2015

© 2015 Bayer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Fragestellung: Tests, bei denen der Zuschauer den Verlauf miterleben und das Ergebnis sehen kann, sind bei Medizin– und Wissenschafts-redaktionen der Fernsehsender sehr beliebt. Denn sie erlauben es, eindrucksvolle O-Töne und Belege im Bild zu bieten, darunter Röntgen- und MRT-Aufnahmen, Wärmebilder, Grafiken. Manchmal werden solche Tests von den Journalisten frei konstruiert, manchmal lehnen sie sich an Ergebnisse von Studien an, manche Redaktionen lassen sich von Experten beraten.

Wenn es an die faktische Aussagekraft eines solchen Tests, an die Limitationen der herangezogenen Studie und die Einordnung der Ergebnisse geht, halten sich die Macher jedoch gerne zurück: zugunsten der „Anschaulichkeit“ oder der „Vereinfachung“ werden sie in der Regel klein gehalten oder verschwiegen. In seriösen Sendungen ordnet der beteiligte Wissenschaftler manchmal das Ergebnis im O-Ton ein. Oft genug geschieht das aber nicht – übrig bleiben falsche Botschaften.

Die Wirkung, die solche Darstellungen mit positiv gezeichneten wissenschaftlichen Protagonisten und scheinbar eindeutigen Ergebnissen auf den Zuschauer haben, sind möglicherweise nicht unerheblich: Beeinflusst werden sowohl die Einstellung zu bestimmten Therapien oder Erkrankungen als auch das allgemeine Wissenschaftsverständnis und die Rezeption von Wissenschaft.

Material/Methoden: Qualitative Analyse einer Prime-Time-Sendung nach medienästhetischen, journalistischen und medizinischen Kriterien; Thema Ernährung mit Ernährungs-Experiment und EbM-Bezug.

Ergebnisse: Professionelle Gestaltung, Test mit Probanden, Arzt als Protagonist, Berufung auf wissenschaftliche Daten und Studien, hohe Suggestivkraft, prägnante Botschaften, dabei Missbrauch von EbM.

Schlussfolgerungen: Vorschläge für Anforderungen an die Darstellung solcher Tests oder Studienergebnisse, orientiert an dem Projekt „Medien-Doktor“ der TU Dortmund (Qualitätsmonitoring im Medizinjournalismus)

  • Vorher-Nachher-Werte sowie die Ergebnisse der Tests müssen offen gelegt werden.
  • Es muss transparent sein, wie die Probanden rekrutiert wurden und ob es sich um Gesunde oder Kranke handelte.
  • Methoden müssen erklärt und bezüglich ihrer Aussagekraft eingeordnet werden.
  • Ergebnisse müssen gemäß der wissenschaftlichen Lage eingeordnet werden.
  • Unzulässige Schlussfolgerungen und Kausalzusammenhänge dürfen nicht hergestellt werden.
  • Postulierte Wirkmechanismen müssen plausibel und wissenschaftlich begründet sein.