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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

„Man baut ja auch eine Intensivstation zuhause auf.“ Sicherheit in der Hilfsmittelversorgung häuslich beatmeter Patient*innen aus der Perspektive von Providern

Meeting Abstract

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  • Susanne Stark - Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin and Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland
  • Yvonne Lehmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin and Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf291

doi: 10.3205/21dkvf291, urn:nbn:de:0183-21dkvf2917

Veröffentlicht: 27. September 2021

© 2021 Stark et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: In der technikintensiven Versorgung häuslich beatmeter Patient*innen kommt der Hilfsmittelversorgung eine hohe Bedeutung zu. Hilfsmittelprovider tragen dabei wesentlich zur Gewährleistung einer sicheren Anwendung beatmungsbezogener Hilfsmittel bei. Ob und wie dies im Kontext der häuslichen Beatmung gelingt, ist indes weitgehend unbekannt.

Fragestellung und Zielsetzung: Dieser Teil einer mehrphasigen qualitativen Studie zielte darauf ab, die Praxis der Hilfsmittelversorgung und die mit ihr verbundenen Anforderungen aus der Perspektive von Providern zu erkunden. Zudem wurde gefragt, was Sicherheit für die Befragten ausmacht, welche damit verbundenen Herausforderungen sie wahrnehmen und wie diese beantwortet werden.

Methode: Im Rahmen eines qualitativ-explorativen Querschnittdesigns wurden zwischen August und Oktober 2020 elf leitfadengestützte episodische Interviews mit Außendienstmitarbeiter*innen gezielt kontrastierend ausgewählter Hilfsmittelprovider geführt. Die face-to-face bzw. per Videokonferenz umgesetzten Gespräche wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse in MAXQDA ausgewertet.

Ergebnisse: Die Befragten schätzen die Hilfsmittelversorgung mit primärem Blick auf die Gerätesicherheit als sicher ein. Sie erkennen allerdings zahlreiche sicherheitsrelevante Anforderungen im Kontext der häuslichen Beatmung. Diese entstehen vor allem aus Kompetenzmängeln beteiligter Professionen, unzureichender Planung, Kontinuität und Verantwortungsübernahme in der Versorgung sowie fehlender Kommunikation und interprofessionelle Zusammenarbeit. Sicherheitsrisiken begegnen sie primär bedarfsorientiert und intuitiv, wobei kontinuierliche Beratung, Einweisung und Schulungen für involvierte Akteure im Mittelpunkt stehen. Aber auch koordinierende und überwachende Funktionen in der Versorgung werden übernommen, dabei jedoch das dafür fehlende Mandat und eine angemessene Würdigung dieser zusätzlichen Leistungen kritisiert.

Diskussion: Die Ergebnisse geben Einblicke in das Tätigkeitsfeld und die Perspektive von bislang in der Versorgungsforschung kaum betrachteten Hilfsmittelprovidern in einem komplexen Versorgungsbereich. Aus ihrer Sicht bedarf es für eine sichere Hilfsmittelversorgung über den gesetzlich und vertraglich definierten Auftrag hinausgehende Leistungen. Angesichts der erwarteten Zunahme häuslich beatmeter Patient*innen verweisen die Erkenntnisse auf die Bedeutung vielschichtiger und bislang kaum adressierter Kontextbedingungen, die nicht primär in den Hilfsmitteln selbst oder ihrer Bereitstellung liegen, aber erheblichen Einfluss auf die Sicherheit haben können.

Praktische Implikationen: Gemeinsam mit Perspektiven von häuslich beatmeten Patient*innen, ihren Angehörigen und weiteren Stakeholdern können die Ergebnissen der Ableitung von Empfehlungen und Strategien für eine sicherere Hilfsmittelversorgung dienen.

Appell für die Praxis: Eine vertiefte wissenschaftliche und praktische Auseinandersetzung mit der Hilfsmittelversorgung, vor allem über Verantwortlichkeiten, Rollen und Aufgaben, ist vor dem Hintergrund der Versorgungskomplexität häuslich beatmeter Patient*innen erforderlich.