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Stand der Aktivitäten zur Fachkräftesicherung in der Pflege in Deutschland
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Veröffentlicht: | 26. September 2017 |
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Hintergrund: Der zunehmende Fachkräftemangel in der Pflege und der nachfolgend steigende Handlungsdruck im Gesundheitswesen spiegeln sich in vielfältigen Aktivitäten mit teilweise ungewissem Erfolg wider. Das vorliegende von einem Sozialministerium eines deutschen Bundeslandes beauftragte Projekt zielt darauf ab, basierend auf einer umfassenden einschlägigen Recherche, evidenzbasierte Empfehlungen für die weitere Steuerung politischer Maßnahmen abzuleiten.
Fragestellung: Welche Interventionen sind geeignet, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der Pflegeausbildung zu erhöhen, Pflegefachpersonen zu akquirieren und die Attraktivität des Pflegeberufes zu erhöhen.
Methode: Durchgeführt wurde eine Recherche in diversen Datenbanken (pubmed, cinahl, carelit etc.), auf den Homepages von Ministerien, Verbänden, Trägern etc. ergänzt um Handsuche und ggf. Kontaktaufnahme zu den Projektverantwortlichen. Projektzeitraum: November 2015 - Februar 2017
Ergebnisse: Für den Zeitraum von 2005-2015 konnten für Deutschland 110 Studien/Projekte identifiziert werden. Projektträger waren u.a.: Einrichtungen im Gesundheitswesen; Wohlfahrtsverbände; Sozialministerien der Bundesländer; Kranken- und Pflegekassen. Die 110 Studien/Projekte wurden kriteriengestützt (schlüssige Begründung, genaue Beschreibung der Intervention, erfolgreiche Evaluation) analysiert. Zahlreiche Studien/Projekte waren unzureichend begründet, es fehlte eine genaue Beschreibung der Intervention oder der Evaluation oder die Evaluationsergebnisse etc.)
Die Anzahl der ausgewerteten Projekte betrug für die Ausbildung 4, für das Thema Akquise 7 und zum Themenfeld: Steigerung der Attraktivität: 22.
Die Auswertung der Recherche zeigt, dass
- die Projekte quantitativ auf die Steigerung der Anzahl der Auszubildenden bzw. der in der Pflege Tätigen abzielen und oft versuchen Randgruppen ansprechen
- Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität sich vielfach klassischen Formen wie Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Angeboten zur Kinderbetreuung erschöpfen
- eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Pflege (z.B. über strukturelles Empowerment und Professionalisierung der Pflegepraxis) nur in geringem Umfang als Beitrag zur Fachkräftesicherung in der Pflege genutzt wird.
Diskussion: Der Fachkräftemangel in der Pflege ist als Problem erkannt. Vielfach werden jedoch Ideen umgesetzt, ohne dass deren Wirkungen überprüft werden. Die Ansätze sind oftmals nur kurzfristig angelegt und so ungeeignet, die Problemlage zu beheben. Insgesamt zeigt sich, dass Versuche, die Problemstellung quantitativ anzugehen, nicht ausreichen. Statt nur zu versuchen, durch diverse teilweise sehr aufwändige Akquisemaßnahmen die reine Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der Pflege oder der Pflege(fach)kräfte zu erhöhen ist eine Umorientierung erforderlich. Dies betrifft die Ausrichtung auf Mitarbeiterorientierung als strategische Maxime. Dies betrifft des Weiteren die Notwendigkeit, das Handlungsfeld ‚Pflege‘ so weiterzuentwickeln, dass hier vorhandenes Potential mit beruflichem und akademischen Hintergrund abgerufen und eingesetzt werden kann.
Praktische Implikationen: Es lassen sich einige zentrale Themen identifizieren: Diese Prinzipien sind nicht neu, jedoch mangelt es im Bereich des Gesundheits-und Pflegewesens vielfach an einer konsequenten Umsetzung.
Angebotsorientierung löst sich von dem Gedanken der möglichst schnellen Verwertbarkeit neuer Mitarbeiter/innen, sondern begreift das vorhandene Potenzial von Bewerber/innen als Bereicherung und Chance zur Weiterentwicklung.
Mitarbeiterorientierung ist immer mit dem Gedanken der Personalentwicklung verbunden. Dies gilt für Mitarbeiter/innen auf allen Qualifikationsebenen. Umfangreiche Begleitung und Unterstützung ist z.B. sowohl im Bereich der Nachqualifizierung als auch beim Einsatz hochschulisch qualifizierter Pflegender anzubieten. Strategische Unternehmensentscheidungen sind jeweils auf ihre Auswirkungen auf das Prinzip der Mitarbeiterorientierung zu prüfen und ggf. zu modifizieren.
Nur langfristige Strategien haben eine realistische Chance auf Erfolg in dem zunehmenden Kampf um Arbeitskräfte.