gms | German Medical Science

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Innovative Modelle für die zukünftige Bedarfsplanung und Versorgung in der Pädiatrie

Meeting Abstract

  • Neeltje van den Berg - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abt. Versorgungsepidemiologie & Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Angelika Beyer - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland
  • Ulrike Stentzel - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland
  • Kathrin Jackel-Neusser - Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ), Berlin, Deutschland
  • Manfred Gahr - Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ), Berlin, Deutschland
  • Wolfgang Hoffmann - Institut für Community Medicine, Universität Greifswald, Universitätsmedizin Greifswald, Körperschaft des öffentlichen Rechts, Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health, Greifswald, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP081

doi: 10.3205/16dkvf183, urn:nbn:de:0183-16dkvf1839

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 van den Berg et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die aktuellen demografischen Entwicklungen führen insbesondere in ländlichen Regionen sowohl zu einer Zunahme der älteren Bevölkerung als auch zu einer Abnahme der Bevölkerung in den jüngeren Altersgruppen. Zusammen mit der schwierigen Wiederbesetzung von vakanten Praxissitzen sowie einer niedrigeren durchschnittlichen Arbeitszeit der jüngeren Ärztegeneration und der oft unsicheren Situation von kleinen Krankenhäusern können Probleme bei der Sicherstellung der pädiatrischen Versorgung in ländlichen und peripheren Regionen entstehen.

Fragestellungen: In einem Projekt in Kooperation zwischen der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) und einem wissenschaftlichen Institut wurden drei zentrale Fragestellungen bearbeitet:

  • Wie können Regionen mit manifesten oder potentiellen Lücken in der Versorgung identifiziert werden?
  • Welche Aspekte gehören zu einer für die Pädiatrie geeigneten Bedarfsplanung?
  • Mit welchen innovativen Versorgungskonzepten kann die pädiatrische Versorgung unterstützt und gewährleistet werden?

Methoden: Es wurde eine versorgungsepidemiologische Expertise zur Analyse der pädiatrischen Versorgung in Deutschland durchgeführt. Dafür wurden auf der Basis von Daten zur stationären Versorgung (Destatis, Berufsverbände), ambulanten Leistungserbringern (Kassenärztliche Vereinigungen, Berufsverbände), regionale Deprivationsindices (DFGU, München) und Bevölkerungsdaten (Destatis) geografische Analysen durchgeführt und thematische Karten erstellt. Unter Vertretern der Mitgliedsgesellschaften der DAKJ wurde eine standardisierte Befragung durchgeführt, zusätzlich wurden mit weiteren Experten Interviews geführt, die qualitativ ausgewertet werden.

Innerhalb der DAKJ bearbeiten eine Zukunftskommission mit vier Arbeitsgruppen zusammengesetzt aus Vertretern der Mitgliedsgesellschaften aus allen Bereichen der operativen und konservativen Kinder- und Jugendmedizin die Themen der Fragestellungen. Dabei wurden die Arbeiten der DAKJ und des wissenschaftlichen Instituts eng verzahnt: Die Ergebnisse der versorgungsepidemiologischen Analyse wurden in den Arbeitsgruppen der DAKJ diskutiert, Diskussionsthemen der Arbeitsgruppen wurden für die Befragungen aufgegriffen.

Ergebnisse: Das Projekt läuft bis Ende Mai 2016. Die versorgungsepidemiologische Analyse ist fast abgeschlossen, die Befragung und die Experteninterviews werden gegenwärtig ausgewertet. Die Ergebnisse der versorgungsepidemiologischen Analyse zeigen, dass, obwohl in den meisten Regionen eine nominelle Überversorgung besteht, durch die geografische Verteilung der Praxen und Krankenhäuser für Teile der Bevölkerung große Entfernungen zu ambulanten und stationären Leistungserbringern der Grundversorgung in der Pädiatrie bestehen. Für die Versorgung von chronisch kranken Kindern in spezialisierten Krankenhausabteilungen sind die Entfernungen mehrheitlich groß.

Für die Entwicklung einer gerechten Bedarfsplanung und Versorgung wurden 4 Kategorien gebildet: Grundversorgung, Versorgung für die „neue Morbidität“ (z.B. Adipositas, psychische Erkrankungen), Versorgung für chronische und seltene Erkrankungen und Notfallversorgung.

Auf der Basis der Ergebnisse der Versorgungsepidemiologischen Analyse in Kombination mit den Ergebnissen der standardisierten Befragung und der Expertengespräche werden aktuell erste Versorgungskonzepte entwickelt (z.B. Kooperation zwischen Kinder- und Jugendärzten und Hausärzten, Kooperationen zwischen Kliniken und Praxen, berufsgruppen- und sektorübergreifende Delegation, Substitution, arbeitsteilige Konzepte, eHealth und Telemedizin) zur Unterstützung und Sicherstellung der Versorgung in den 4 Versorgungskategorien. Nach Fertigstellung der Expertise bilden die Ergebnisse die Grundlage für konkrete weitere Diskussionen innerhalb der DAKJ, die Implementierung von Modellprojekten zur Evaluation innovativer Versorgungskonzepte sowie für Verhandlungen mit den Akteuren der Selbstverwaltung.

Diskussion: Die DAKJ ist eine Dachorganisation für eine Reihe von Fach- und Berufsverbänden innerhalb der pädiatrischen Versorgung. Einerseits sind damit die meisten Interessen vertreten, andererseits sind die Interessen der Mitglieder innerhalb der DAKJ unterschiedlich, was die Erarbeitung einer solchen Expertise vor große Herausforderungen stellt. Trotzdem ist die DAKJ die richtige Institution für eine umfassende Auseinandersetzung mit der zukünftigen Bedarfsplanung und Versorgung dieser wichtigen Patientengruppe. Die Kooperation stellt sicher, dass die Beantwortung der gemeinsam formulierten Fragestellungen auf der Basis von realistischen und praxisrelevanten Randbedingen erfolgt.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse einer Expertise, die in enger Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis erarbeitet wird, sind von großer Relevanz für die Gestaltung der zukünftigen pädiatrischen Versorgung. In einem nächsten Schritt sollen konkrete Modellprojekte in problematischen Regionen initiiert werden.