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Prädiktoren von funktionellen Einschränkungen und Pflegeleistungen im Längsschnitt – Ergebnisse der AgeCoDe/AgeQualiDe-Studie
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Veröffentlicht: | 28. September 2016 |
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Hintergrund: Während die Prädiktoren der (i) funktionellen Einschränkungen, (ii) der Pflegebedürftigkeit und (iii) der Institutionalisierung im hohen Lebensalter im Querschnitt häufiger untersucht wurden, mangelt es an Evidenz dazu im Längsschnitt.
Fragestellung: Diese Arbeit zielt darauf ab, die Einflussgrößen der funktionellen Beeinträchtigungen, der Pflegebedürftigkeit und der Institutionalisierung im Alter in Deutschland längsschnittlich zu analysieren.
Methode: Für alle drei Fragestellungen wurde auf Längsschnittdaten einer großen, multizentrischen prospektiven Kohortenstudie (AgeCoDe-Studie, Individuen ab 75 Jahren zur Basisuntersuchung mit n=3 327; 1,5 Jahre Abstand zwischen den Messzeitpunkten) zurückgegriffen. Während für die Untersuchung der Prädiktoren der Pflegebedürftigkeit auf die Baseline-Untersuchung sowie die Follow-Up Wellen 1-3 zurückgegriffen wurde, wurden für die Analyse der Prädiktoren der funktionellen Einschränkungen und der Prädiktoren der Institutionalisierung zusätzlich die Follow-Up Wellen 4 und 5 verwendet. Funktionelle Einschränkungen wurden primär über die IADL-Skala nach Lawton und Brody operationalisiert. Methodisch wurden in dieser Arbeit lineare Fixed-Effects Regressionen verwendet. Die Pflegebedürftigkeit wurde gemäß § 15 SGB XI über die Pflegestufe operationalisiert. In dieser Arbeit wurden Random-Effects Logit-Modelle genutzt. Neu auftretende Institutionalisierung wurde über die Einweisung ins Pflege- bzw. Altenheim erfasst. In dieser Arbeit wurden Fixed-Effects-Conditional Logit-Modelle verwendet.
Ergebnisse: In der ersten Arbeit konnte gezeigt werden, dass u. a. der Alterungsprozess (β=-.2), der Verlust des Partners (β=-.5), und der Auftritt von Depressionen (β=-.6) und einer Demenz (β=-2.3) mit einer Zunahme von funktionellen Beeinträchtigungen einhergehen. In der zweiten Arbeit konnte gezeigt werden, dass das Auftreten einer Demenz (OR: 48.2) sowie der Eintritt von Beeinträchtigungen im Gehen (erschwertes Gehen, OR: 26.4; Gehunfähigkeit, OR: 747.9) sowie der Alterungsprozess (z.B. 90 Jahre und älter vs. <80 Jahre, OR: 32.3) stark mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer Pflegebedürftigkeit verknüpft sind. In der dritten Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass vor allem der Verlust des Partners (OR: 78.3), der Auftritt einer Demenz (OR: 154.1) und starker Beeinträchtigungen im Gehen (OR: 36.7) mit einer deutlich größeren Wahrscheinlichkeit einer Institutionalisierung einhergeht.
Diskussion/Praktische Implikation: Während einige der Prädiktoren, wie der Alterungsprozess unvermeidbar sind, sind andere Prädiktoren modifizierbar bzw. können hinausgezögert werden. Mögliche Ansatzpunkte für die Vermeidung oder Hinauszögerung von Pflegebedürftigkeit, Institutionalisierung und funktionellen Einschränkungen im Alter liegen insbesondere im Bereich der Erhaltung der Gehfähigkeit und der kognitiven Leistung. Angesichts des demografischen Wandels ist die Entwicklung von entsprechenden Programmen zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit im Alter von großer gesundheitspolitischer Bedeutung.