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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Was erwarten Patientinnen und Patienten von Gesprächen mit ihren Hausärztinnen und Hausärzten – Ergebnisse aus Fokusgruppen

Meeting Abstract

  • Simone Steinhausen - Universität Witten / Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Köln, Deutschland
  • Verena Leve - Institut für Allgemeinmedizin, Med. Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • Stefan Wilm - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland
  • Frank Vitinius - Uniklinik Köln, Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Köln, Deutschland
  • Michael Langenbach - GFO Kliniken Bonn, St. Marien-Hospital, Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Bonn, Deutschland
  • August-Wilhelm Bödecker - Zentrum für Versorgungsforschung der Universität zu Köln (ZVfK), Schwerpunkt Allgemeinmedizin, Köln, Deutschland
  • Holger Pfaff - Universität zu Köln, IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Ursula Becker - Seminare und Beratung im Gesundheitswesen, Allgemeinmedizin, Palliativmedizin, Systemische Familientherapie, Alfter, Deutschland
  • Edmund Neugebauer - Universität Witten / Herdecke, Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Köln, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP133

doi: 10.3205/15dkvf244, urn:nbn:de:0183-15dkvf2449

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Steinhausen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Kommunikation in der Hausarztpraxis wird als wesentlich für die Gestaltung einer vertrauensvollen Patienten-Arzt-Beziehung angesehen. Dabei steht die Patientenorientierung in der Gesprächsgestaltung im Vordergrund. Ziel dieses von der DFG geförderten Forschungsprojektes ist es daher, eine Fortbildung zu entwickeln, die Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland darin unterstützt, ihre Kommunikation mit Patientinnen und Patienten stärker an deren Bedürfnissen auszurichten und effektiver zu gestalten.

Fragestellung: Im Rahmen der Entwicklung der Fortbildung sollten zunächst aktuelle Einschätzungen zur Kommunikation in deutschen Hausarztpraxen aus der Patientenperspektive ermittelt werden. Hierbei wurde unter anderem herausgearbeitet, welche Erwartungen Patientinnen und Patienten an Gespräche mit ihren Hausärztinnen und Hausärzten haben.

Methode: In verschiedenen deutschen Regionen wurden 6 Fokusgruppen mit Patientinnen und Patienten zu ihren Erfahrungen mit Gesprächen in der Hausarztpraxis durchgeführt. Teilnehmende wurden über Kleinanzeigen in Print- und Onlinemedien rekrutiert. Die Diskussionen wurden aufgezeichnet und wortgetreu transkribiert. Das Material wurde anschließend inhaltsanalytisch ausgewertet. Hierzu ermittelte eine multiprofessionelle Auswertungsgruppe (Allgemeinmedizin, Psychosomatik, Soziologie, Kommunikationstrainer/innen und Patientenvertretung) ein Codesystem, das von zwei Autorinnen unabhängig voneinander an das Material angelegt wurde. Die Datensystematisierung und -analyse erfolgte computergestützt mittels MAXQDA.

Ergebnisse: Es wurden 6 Fokusgruppendiskussionen in Nord-, Ost- und Westdeutschland mit insgesamt 47 Patientinnen und Patienten durchgeführt.

In Bezug auf die Patientenerwartungen zeigt sich ein höchst ausdifferenziertes Bild. So erwarten die Befragten, dass Hausärzte und Hausärztinnen ihr Kommunikationsverhalten individuell patienten- sowie anlassbezogen (je nach Erkrankungsart oder Schweregrad der Erkrankung) anpassen. Dabei wünschen sich die Patientinnen und Patienten als Menschen mit ihren vielschichtigen Problemlagen sowie mit ihren Ressourcen wahrgenommen zu werden. Den Gesprächen in der Hausarztpraxis wird insbesondere bei der Aufklärung, Information und Stärkung des eigenen Gesundheitsverhaltens eine große Bedeutung beigemessen.

In Bezug auf die nonverbale Kommunikation erwarten Patienten und Patientinnen den direkten Augenkontakt und geben an, dass vor allem die Ausstrahlung des Arztes / der Ärztin und die jeweilige „Passung“ mit der eigenen Person das Gespräch und die Beziehung prägen.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass aus Patientenperspektive vielseitige Erwartungen an Hausärztinnen und Hausärzte bestehen. Als zentrale Fortbildungsinhalte zum Thema Kommunikation lassen sich das Vermitteln von Strategien zur individuellen Ansprache der Patienten und Patientinnen sowie zur Förderung individueller Patientenressourcen ableiten. Patientinnen und Patienten zu zeigen, dass sie ganzheitlich als Menschen mit komplexen Lebenslagen wahrgenommen werden, kann die Gesprächs- und Beziehungszufriedenheit beider Gesprächspartner zu erhöhen. Gleichzeitig müssen zeitliche Restriktionen in der Hausarztpraxis beachtet werden. Ein ausdifferenziertes Trainingskonzept sollte angeboten werden, bei dem effiziente, patientenorientierte und non-verbale Kommunikationstechniken sowie eine empathische ärztliche Haltung vermittelt und geübt werden können.

Praktische Implikationen: Gezielte Fortbildungsmaßnahmen zur Gesprächsführung für Hausärztinnen und Hausärzte können dabei unterstützen, die Erwartungen von Patientinnen und Patienten an die Konsultation herauszuarbeiten und im Praxisalltag passgenau zu reagieren. Patientenorientierte Gespräche in der Hausarztpraxis dienen dabei der Beziehungsgestaltung und leisten einen Beitrag zur Steigerung der Patientensicherheit.