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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Internetnutzung und Surfverhalten von Patienten in onkologischen Schwerpunktpraxen

Meeting Abstract

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  • Uirassu Borges - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, Köln, Deutschland
  • Christoph Riese - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen - WINHO, PACOCT, Köln, Deutschland
  • Walter Baumann - Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen GmbH - WINHO -, Köln, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP035

doi: 10.3205/15dkvf242, urn:nbn:de:0183-15dkvf2428

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Borges et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Verbreitung des Internets in den letzten Jahren hat das Informationsangebot zu gesundheitsbezogenen Themen enorm erweitert. Dies lässt sich ebenso im Bereich der Krebserkrankung beobachten. Krebspatienten haben heute vielfältige elektronische Angebote unterschiedlichster Qualität, sich eigenständig und umfassend über die Erkrankung sowie die onkologische Versorgung zu informieren. Zahlreiche Studien haben sich in den letzten Jahren mit der Internetnutzung von Patienten befasst. Es fehlen bislang Daten zur Bedeutung der elektronischen Medien für Krebspatienten im Versorgungsalltag. Die jährliche Patientenbefragung des Wissenschaftlichen Instituts der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (WINHO) hat dieses Thema im Jahr 2014 aufgegriffen und Patienten aus onkologischen Schwerpunktpraxen deutschlandweit befragt.

Fragestellung: In welchem Umfang haben Krebspatienten Zugang zu den Internet-Angeboten? In welcher Weise nutzen Krebspatienten das Internet? Welche Einstellung haben die Patienten zu dieser Informationsquelle, wie bewerten sie die ermittelten Informationen?

Methode: Die Befragung richtete sich an Patienten, die eine onkologische Schwerpunktpraxis aus dem WINHO-Netzwerk aufsuchen. Die Erhebung erfolgte durch papierbasierte Fragebögen, wobei 9.900 Fragebögen in den Praxen verteilt wurden. Pro Arzt wurden 60 Fragebögen erstellt und versandt. Der Fragebogen ist in drei Teile unterteilt: 1. Wahrnehmung der Praxisstruktur sowie Gespräch mit dem Arzt; 2. Internetnutzung (mit Fragen zu Internetausstattung und zur Informationsbeschaffung über die eigene Erkrankung); 3. soziodemographischen Fragen. Die Daten wurden mit SPSS 22 ausgewertet.

Ergebnisse: Insgesamt haben sich 70 Praxen, 165 Ärzte und 6.500 Patienten an der Befragung beteiligt (Rücklaufquote 65%). Die Ergebnisse zeigen, dass das Internet als Instrument zur Informationsgewinnung heute für Krebspatienten von großer Relevanz ist, allerdings variiert die Nutzung altersabhängig. Einen Internetzugangs zuhause haben 88% der jüngeren Patienten (bis 65J) und 51% der älteren Patienten (66J u.m.). 57% der jüngeren Patienten besitzen ein Smartphone, aber auch immerhin 16% der älteren Patienten. Die Häufigkeit der Internetnutzung variiert ebenso: 66% der jüngeren Patienten und 28% der älteren Patienten nutzen das Internet häufig bis täglich. 46% aller Krebspatienten gab an, im Internet bereits über die eigene Erkrankung recherchiert zu haben. Ältere Patienten bekommen bei der Internetsuche häufig Unterstützung von Angehörigen (33%). Die Patienten, die eigenständig recherchieren, suchen überwiegend allgemein nach Behandlungsmöglichkeiten (71%). Die Suche nach Spezialisten (36%) oder der Austausch mit anderen Betroffenen (15%) wird seltener angegeben.

Diskussionen: Die Ergebnisse geben wichtige Hinweise auf die Recherche sowie auf die Wahrnehmung von Informationen, die Krebspatienten im Internet suchen. Erwartungsgemäß nutzen viele jüngere Patienten das Internet als Informationsquelle über ihre Erkrankung, gleichwohl zeigt sich, dass nicht wenige Patienten über 65 Jahre eigenständig über ihre eigene Erkrankung recherchieren. Der hohe Nutzungsumfang des Internets für die Suche nach Behandlungsmöglichkeiten zeigt den Wunsch vieler Patienten in der ambulanten Versorgung, sich mit ihrer Behandlung auseinanderzusetzen und sich aktiv einzubringen.

Praktische Implikationen: Es zeigt sich, dass das Internet auch für Krebspatienten ein wichtiges Instrument zur Informationsgewinnung über die Erkrankung ist, dem damit im Versorgungsalltag und in der Patientenversorgung immer größere Bedeutung zukommt. Es ist erforderlich, dass Patienten sich über die Informationen aus dem Internet mit ihren behandelten Experten auseinandersetzen können und Unterstützung für eine sinnvolle Internetnutzung erhalten. Die telemedizinischen Angebote und die Infrastruktur auf Seiten der Leistungsanbieter sind womöglich noch nicht ausreichend auf dieses veränderte Nutzungsverhalten eingestellt.