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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Häusliche Versorgung dauerbeatmeter Patienten – Die Entwicklung spezialisierter Versorgungsstrukturen aus Anbietersicht

Meeting Abstract

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  • Yvonne Lehmann - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland
  • Michael Ewers - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP122

doi: 10.3205/15dkvf212, urn:nbn:de:0183-15dkvf2128

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Lehmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mit hoher Dynamik haben sich seit den 1990er Jahren in Deutschland spezialisierte ambulante Versorgungsstrukturen für schwer chronisch kranke Menschen mit technikintensivem Unterstützungsbedarf herausgebildet, darunter auch für invasiv dauerbeatmete Patienten. Entstanden ist ein unübersichtliches Angebot an technikintensiver häuslicher Pflege sowie an spezialisierten Wohngruppen und Pflegewohnungen für diese Patientengruppe. An wissenschaftlichen Erkenntnissen über diese Strukturentwicklung mangelt es hierzulande ebenso wie an geeigneten Kriterien und Konzepten für die künftige Gestaltung diese neuen Versorgungsangebote. Eine 2013 begonnene, aus mehreren Teilprojekten bestehende Forschungsinitiative soll diesem Desiderat begegnen.

Fragestellung: Bestandteil dieser Initiative ist eine erste qualitativ-explorierende Pilotstudie, die sich mit der Frage befasste, wie sich dieses spezialisierte Versorgungsangebot aus Sicht professioneller Pflegender entwickelt hat, mit welchen Motiven sie sich in dieses Feld bewegt haben sowie welche konkreten Herausforderungen sich ihnen im Pflege- und Versorgungsalltag wie auch bei der künftigen Gestaltung dieses Versorgungsangebots stellen. Ziel war es, zunächst aus einer Binnenperspektive heraus, Informationen über diesen Strukturentwicklungsprozess zu explorieren und darauf basierend erste Schlussfolgerungen für die weitere Auseinandersetzung zu ziehen.

Methode: Methodisch wurden insgesamt 27 semistrukturierte Interviews durchgeführt mit leitenden und in der Pflegeüberleitung tätigen Pflegenden aus ambulanten Intensivpflegediensten (N=15) sowie mit Pflegenden (N=12), die in der direkten häuslichen Versorgung beatmeter Patienten arbeiten. Die Interviewpartner stammten aus ambulanten Pflegediensten in den Großräumen Berlin und Brandenburg sowie München und Oberbayern. Beim Sampling wurde auf eine möglichst große Spannbreite an unterschiedlichen Einrichtungen hinsichtlich Trägerstruktur, Gründungszeitpunkt, Größe und Versorgungsangebot geachtet. Die Auswertung der transkribierten Interviewdaten erfolgte inhaltlich strukturierend, wobei die Kategorien der Ergebnisdarstellung auf deduktiv-induktivem Weg gebildet wurden.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Pilotstudie gewähren Einblicke in die besondere Entwicklungsdynamik der Angebote für die häusliche Versorgung invasiv beatmeter und anderer schwer kranker Patienten unter den gegebenen sozialen, rechtlichen und versorgungsstrukturellen Bedingungen. Eine eher naturwüchsige Entstehungsgeschichte wird dabei ebenso erkennbar wie die häufig sekundären Motive der Akteure für das Engagement in diesem Feld. Basierend auf den vorliegenden qualitativen Erkenntnissen scheint die künftige Entwicklung dieses Versorgungsangebots vor allem durch unklare Zuweisungsprozesse und Zuständigkeiten sowie intransparente und ungeklärte Interessenlagen der beteiligten Akteure geprägt zu sein. Hinzu kommen Fachkräftemangel und Professionalisierungsdefizite sowie wenig transparente und unflexible finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen.

Diskussionen: Die mit der Pilotstudie gewonnenen Erkenntnisse lassen auf einen erheblichen Problem-, Innovations- und Handlungsdruck in diesem Versorgungsbereich schließen. Die Angaben der Befragten verdichteten entsprechende anekdotische Hinweise zur Versorgungssituation in diesem Feld.

Praktische Implikationen: Um dieser Situation begegnen und bereits heute absehbare strukturelle Fehlentwicklungen sowie damit verbundene Versorgungsdefizite abwenden zu können, bedarf es künftig sowohl einer datengestützten und am Bedarf der Patienten orientierten Konzept- und Strukturentwicklung sowie einer intensiveren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem an Bedeutung gewinnenden Versorgungsbereich.