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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Rückgang der Häufigkeit kardio-vaskulärer Ereignisse und Mortalität von Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) 2004–2013 – Ergebnisse aus dem Disease Management Programm (DMP) KHK Nordrhein

Meeting Abstract

  • Bernd Hagen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Deutschland
  • Sabine Groos - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Deutschland
  • Jens Kretschmann - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Deutschland
  • Arne Weber - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Deutschland
  • Lutz Altenhofen - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, DMP-Projektbüro, Köln, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP086

doi: 10.3205/15dkvf169, urn:nbn:de:0183-15dkvf1698

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Hagen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das DMP Koronare Herzkrankheit wurde 2004 vor allem deshalb in die ambulante Versorgung von Patienten mit einer KHK eingeführt, weil die, zu Beginn der 2000er Jahre als insuffizient bewertete Sekundärprävention der KHK verbessert werden sollte. Vorrangig war beabsichtigt, mit Hilfe des DMP und seiner spezifischen, vertraglich definierten Qualitätsindikatoren die medikamentösen Verordnungsraten zu erhöhen. Darüber hinaus sollte allerdings auch die Morbidität und nach Möglichkeit ebenso die Mortalität der eingeschriebenen Patienten reduziert werden. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, das Neuauftreten eines Herzinfarktes oder einer anderen Form des akuten Koronarsyndroms (ACS), eines Schlaganfalls oder eines dokumentierten Todesfalles zwischen den Patientenkohorten zu vergleichen, die von 2004 bis 2011 in das DMP eingeschrieben wurden.

Fragestellung: Kommt es zwischen 2004 und 2013 bei Patienten mit einer KHK, die erstmals zwischen 2004 und 2011 in das DMP eingeschrieben wurden und bei denen entsprechende Ereignisse zum Zeitpunkt ihrer Einschreibung noch nicht dokumentiert waren, zu einem geringeren Neuauftreten kardio-vaskulärer Ereignisse bzw. einer Verringerung der Mortalität?

Methode: Den Analysen liegen die Daten aller Patienten zugrunde, die zwischen 2004 und 2011 in das DMP KHK in Nordrhein eingeschrieben wurden (n = 302.390, 63,3% männlich, mittleres Alter 68,5 ± 10,7 Jahre). Das Neuauftreten eines Herzinfarktes, eines ACS oder eines Schlaganfalls bzw. eines Todesfalles wurde zu einem Kompositendpunkt zusammengefasst. Ein solcher Kompositendpunkt wurde bis zum Ende des Beobachtungszeitraums 2013 bei 50.442 (16,7%) der Patienten erfasst. Für die vier Eingangskohorten 2004/05, 2006/07, 2008/09 und 2011/11 wurde post hoc analysiert, mit welcher Häufigkeit in diesen Kohorten insgesamt bzw. in einem Zeitraum von zwei Jahren nach der Einschreibung ein Kompositendpunkt dokumentiert wurde. Die Vergleiche erfolgten uni- sowie multivariat mit Regressionsmodellen unter Kontrolle von Alter, Geschlecht und Komorbidität (Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, COPD; angegeben werden die Odds Ratio OR und das 95%-Konfidenzintervall hierzu).

Ergebnisse: Im Vergleich der Patientenkohorten von 2004/05 bis 2010/11 lässt sich ein Absinken der Häufigkeit des Kompositendpunktes innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP feststellen. Pro 10.000 Patienten verringert sich die Rate von 911 auf 505 Fälle (2006/07: 1.138, 2008/09: 653). Im Regressionsmodell zeigt sich im Vergleich zu der Kohorte 2004/05 ein bedeutend geringeres Risiko für das Auftreten eines Kompositendpunktes in den späteren Kohorten (mit Ausnahme der Kohorte 2006/07) über die gesamte Beobachtungszeit (2006/07: OR = 1,04 [1,01–1,07], 2008/09: OR = 0,44 [0,43–0,45], 2011/11: OR = 0,22 [0,21–0,23]) bzw. innerhalb der ersten beiden Jahre (2006/07: OR = 1,43 [1,38–1,48], 2008/09: OR = 0,63 [0,60–0,65], 2010/11: OR = 0,45 [0,43–0,47]). Parallel hierzu wiesen vor allem ältere KHK-Patienten (≥ 76 vs. ≤ 65 Jahre, OR = 1,33 [1,29–1,38]) sowie KHK-Patienten, bei denen zusätzlich eine COPD dokumentiert war (OR = 1,15 [1,11–1,19]), ein erhöhtes Risiko für das Eintreten des Kompositendpunktes auf.

Schlussfolgerung/praktische Implikationen: Für das Neuauftreten eines Herzinfarktes / ACS oder Schlaganfalls bzw. die Mortalität der Patienten lässt sich seit Beginn des DMP Koronare Herzkrankheit insgesamt ein deutlicher Rückgang beobachten. Eine Ausnahme hiervon stellt die Patientenkohorte der Jahre 2006/07 dar, in der sich gegenüber derjenigen der Jahre 2004 und 2005 ein Anstieg der Inzidenz zeigt. Dieser Befund unterstreicht, dass die beobachteten Effekte zum Teil einem Selektionsbias bei der Einschreibung von KHK-Patienten in das Programm unterliegen, der dazu geführt hat, dass im Laufe des DMP tendenziell eher leichter erkrankte Patienten eingeschrieben wurden. Andererseits wurde, unabhängig von den in Deutschland seit 2004 implementierten KHK-DMP, ein annähernd linearer Rückgang der KHK- bzw. Herzinsuffizienz-bedingten Sterblichkeit zwischen etwa 1995 (KHK) bzw. 2004 (Herzinsuffizienz) und 2011 beobachtet. Diese Entwicklung wird gleichermaßen auf Verbesserungen in der Prävention, der Diagnostik und der Therapie zurückgeführt. Vor dem Hintergrund der hier dargestellten Befunde sowie den, an anderer Stelle bereits ausführlich dargestellten Verbesserungen in der Verordnung prognoserelevanter Medikationen sowie bei der langfristigen Absenkung des Blutdrucks, erscheint es plausibel davon auszugehen, dass auch das DMP KHK einen Beitrag hierzu geleistet hat.