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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Stand der Interkulturellen Öffnung in der psychosozialen Versorgung

Meeting Abstract

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  • Mike Mösko - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Hamburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP084

doi: 10.3205/15dkvf167, urn:nbn:de:0183-15dkvf1671

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Mösko.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Rahmen des Prozesses der interkulturellen Öffnung der Gesundheitsversorgung wird versucht, die Bedürfnisse von Migranten stärker zu berücksichtigen (Hinz-Rommel 1994). Für die interkulturelle Öffnung in der psychosozialen Versorgung in Deutschland sind die 12 Sonnenberger Leitlinien wegweisend (Machleidt 2002). Ob sich die Gesundheitsversorgung tatsächlich respektvoll und sensitiv an den kulturellen Bedürfnissen der Patienten orientiert, kann aufgrund der mangelnden Datenlage derzeit nicht beantwortet werden. Die Ergebnisse aus der psychosozialen Migrationsforschung geben möglicherweise hilfreiche Anhaltspunkte, um diese Diskussion anzureichern.

Fragestellung: Wie ist der Stand der Öffnung in der psychosozialen Versorgung?

Methode: Es handelt sich um einen Übersichtsbeitrag, der relevante Studienergebnisse berücksichtigt.

Ergebnisse: Bei Betrachtung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland fällt auf, dass Menschen mit Migrationshintergrund durchaus die Versorgung erreichen, die Größenordnung aber weit hinter den Erwartungswerten zurück liegen (Odening et al, 2012, Mösko et al., 2012;). Patienten bevorzugen darüber hinaus eher Behandler aus dem eigenen Sprach- oder Kulturraum (Mösko, et al., 2013). Gleichzeitig ist die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Behandler sehr eingeschränkt. Dies hat was zur Konsequenz, dass viele Patienten, die sich nicht ausreichend sicher in der deutschen Sprache fühlen, keinen Zugang zum Versorgungsystem erhalten. Diejenigen Personen, die in der psychosozialen Versorgung ankommen, zeigen deutliche höhere psychopathologische Belastungswerte zu Beginn der Behandlung als Patienten ohne Migrationshintergrund. In der Ergebnisqualität psychosozialer Behandlungen finden sich im Vergleich zu deutschen Patienten und Patienten verschiedener Migrantengruppen für türkische Patienten und Patienten aus dem ehemaligen Jugoslawien die geringsten Behandlungserfolge (Mösko et al. 2011). Die Behandlung von Personen mit Migrationshintergrund kann zudem durch Verzerrungen im Diagnostikprozess (Al-Saffar et al. 2004), sprachliche Kommunikationsbarrieren (Yeo 2004), kulturell divergierende Krankheitskonzepte (Penka et al. 2003) und Unsicherheiten im Umgang mit Migranten aufseiten der Behandler erschwert werden (Wohlfart et al., 2006). Wie stark herausfordernd der Umgang mit Patienten anderer kultureller Prägung wahrgenommen wird, macht auch eine Untersuchung an niedergelassenen Psychotherapeuten deutlich (Mösko et al. 2013). Obgleich die Befragten umfangreiche Berufserfahrung vorwiesen, berichteten zwei Drittel von substanziellen Herausforderungen (wie z. B. divergierenden Wertesystemen, mangelnder „compliance“ etc.) in der psychotherapeutischen Arbeit mit Patienten mit Migrationshintergrund.

Insgesamt ist der Prozess der Interkulturellen Öffnung in der Gesundheitsversorgung auf einem niedrigen Niveau angekommen.

Diskussion: Diese und weitere Befunde verdeutlichen die Notwendigkeit sich mit der Frage der kulturell und sprachlich angemessenen Gesundheitsversorgung von Menschen mit Migrationshintergrund auseinander zusetzen und die Befundlage zu verbessern.