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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Routinedaten beim Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO)

Meeting Abstract

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  • Christian Günster - Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV10

doi: 10.3205/15dkvf091, urn:nbn:de:0183-15dkvf0914

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Günster.
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Gliederung

Text

Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§12 SGB V) nur solche Leistungen bezahlen, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten [1]. Zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit, zur Abrechnung mit Leistungserbringern, zur Feststellung des Versicherungsverhältnisses und weiteren Zwecken dürfen die Krankenkassen darum Sozialdaten erheben und speichern (§ 284 SGB V). Zur empirischen Analyse der Gesundheitsversorgung der Versicherten hat die AOK-Gemeinschaft 1976 das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) gegründet. Das WIdO erstellt als Forschungs- und Entwicklungsstelle der elf AOKs Publikationen für die Öffentlichkeit und spezielle Analyseprodukte für die AOK-Gesellschafter. Regelmäßig wird mit externen Wissenschaftlern in den Report-Reihen des WIdO die Arzneimittel- (Arzneiverordnungs-Report), die Krankenhaus- (Krankenhaus-Report), die Heilmittel- (Heilmittelbericht), die ambulante Versorgung (Ärzteatlas), die Pflege (Pflege-Report) und die Versorgung spezieller Erkrankungen oder Patientengruppen (Versorgungs-Report) beleuchtet [2]. Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Versorgungsqualität. Dazu werden Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten und zum Teil auch Leistungsdaten aller GKV-Versicherten herangezogen. Primär liegen im WIdO Daten der 24 Mio. AOK-Versicherten vor. Diese werden zunächst von den Leistungserbringern oder ihren Beauftragten in geeigneter Weise überwiegend in elektronischer Form an die Krankenkassen zur Prüfung und Abrechnung übermittelt. Die AOKs stellen dem WIdO dann auf dieser Grundlage Versicherten-anonymisierte Auszüge aus folgenden Bereichen zur Verfügung:

  • Versichertenstammdaten (§ 288 SGB V)
  • stationäre Versorgung in rund 2000 Krankenhäusern (§ 301 Abs. 1 SGB V)
  • vertragsärztliche Versorgung der rund 140 Tsd. Kassenärzte (§ 295 Abs. 2 SGB V)
  • erstattete Arzneimittelversorgung in rund 20 Tsd. Apotheken (§ 300 Abs. 1 SGB V)
  • stationäre Vorsorgemaßnahmen, Kuren, stationäre Rehabilitation (§ 301 Abs. 4 SGB V)
  • Arbeitsunfähigkeit (§ 295 Abs. 1 SGB V)
  • Heilmittelversorgung bei rund 50 Tsd. Ergo- Physio- und Sprachtherapeuten (§ 302 SGB V)
  • Versorgung chronisch Kranker in DMPs (§ 137f SGB V)
  • ambulante (§§ 36-38 SGB XI), teilstationäre (§ 41 SGB XI), vollstationäre (§ 43 SGB V) Pflege sowie häusliche Krankenpflege (§ 37 SGB V)

Die Art der Datenaufbereitung ermöglicht die längsschnittliche, versichertenbezogene und sektorenübergreifende Analyse der Leistungsinanspruchnahme eines Versicherten in anonymisierter Form. Dadurch können zur Inzidenzschätzung neu beginnende Behandlungsepisoden ermittelt werden (z.B. depressive Episoden [3]) oder potentielle Komplikationen durch erneute Behandlungsereignisse betrachtet werden (z.B. Revisionsoperation innerhalb eines Jahres nach Hüftgelenkersatz [4]).

Die im WIdO vorliegenden Daten können in Form von Kooperationen auch von externen universitären Einrichtungen genutzt werden. Dabei wird zunächst im Rahmen eines inhaltlichen Austauschs mit dem WIdO geklärt, welche Fragen mit welchen Daten bearbeitet werden können. Eine Klärung der Fragestellung im Vorfeld ist deshalb sinnvoll, weil aggregierte Informationen gegebenenfalls bereits in nicht öffentlich zugänglichen Routinepublikationen des WIdO zur Verfügung stehen oder durch einfache Auswertungen mithilfe bestehender Analyseprogramme im WIdO erstellt werden können. Ist eine gesonderte Analyse notwendig, dann bewertet das WIdO anhand einer vom wissenschaftlichen Kooperationspartner erstellten Skizze zum Untersuchungsvorhaben die Machbarkeit der Analyse und die Aufwände der Datenbereitstellung. Wenn eine Kooperation zustande kommt, wird von den Vertragspartnern ein Kooperationsvertrag mit einer Datenschutzerklärung geschlossen. Die Daten werden dann dem Partner in dem gemeinsam vereinbarten Format bereitgestellt oder das WIdO ermöglicht eine Datennutzung auf einem entsprechend der Projekterfordernisse aufbereiteten Datenkörper in Rahmen eines Gastaufenthaltes im WIdO. Die Projektskizze beinhaltet Angaben zum Hintergrund der Untersuchung, den zu bearbeitenden Hypothesen und Forschungsfragen, den benötigten Daten, gegebenenfalls zum Linkage mit weiteren Daten, zu den Projektbeteiligten und –trägern, zur Projektlaufzeit, zu den Adressaten der Analyseergebnisse und beabsichtigten Publikationen. Die Beratung und die Datenbereitstellung sind grundsätzlich kostenfrei.


Literatur

1.
Nimptsch U, Bestmann A, Erhart M, Dudey S, Marx Y, Saam J, Schopen M, Schröder H, Swart E. In: Swart E, Ihle P, Gothe H, Matusiewicz D, editors. Routinedaten im Gesundheitswesen. Bern: 2014. p. 270-90.
2.
WIdO. Forschung für mehr Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen.
3.
Gerste B, Roick C. Prävalenz und Inzidenz sowie Versorgung depressiver Erkrankungen in Deutschland. In: Klauber J, Günster C, Gerste B, Robra BP, Schmacke N, editors. Versorgungs-Report 2013/2014. Stuttgart: 2014. p. 21-54.
4.
Jeschke E, Heyde K, Günster C. The Relationship of In-Hospital and Post-Discharge. Complications and Implications for Quality Measurement in Hip Replacement Surgery - An Analysis of AOK Administrative Data. Das Gesundheitswesen. 2013;75:288-95.