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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Auswirkung der öffentlichen Berichterstattung auf die Qualität der Krankenhausversorgung in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Rike Kraska - Universität Witten/Herdecke, Institut für Gesundheitssystemforschung, Witten, Deutschland
  • Max Geraedts - Universität Witten/Herdecke, Institut für Gesundheitssystemforschung, Witten, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV94

doi: 10.3205/15dkvf060, urn:nbn:de:0183-15dkvf0604

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Kraska et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Seit 2005 sind alle Krankenhäuser in Deutschland verpflichtet, strukturierte Qualitätsberichte (QB) zu veröffentlichen, welche Struktur- und Leistungsdaten als auch Daten zur Qualitätssicherung enthalten. Seit dem Berichtsjahr 2006 enthalten die QB auch Qualitätsindikatordaten aus der externen Qualitätssicherung. Jedoch wurden die Krankenhäuser erst nach Abschluss der Datenerhebung für das Jahr 2006 über die Veröffentlichungspflicht der vorher nur anonym berichteten Qualitätsindikatoren informiert. Allgemein weisen internationale Studien darauf hin, dass eine obligatorische öffentliche Berichterstattung von Leistungsdaten und Qualitätsmerkmalen die Krankenhäuser zu Verbesserungen in der Versorgungsqualität anregen. Wirtschaftstheorien legen zusätzlich nahe, dass private Krankenhäuser (profitorientierte) sensibler auf die öffentliche Berichterstattung reagieren als nicht-private Krankenhäuser (nicht profitorientierte).

Fragestellung: Unser Ziel war zu untersuchen, ob ein Effekt der öffentlich berichteten QB auf die Krankenhausversorgung in Deutschland besteht und ob sich die eventuellen Auswirkungen zwischen privaten und nicht-privaten Krankenhäusern unterscheiden.

Methode: Die Untersuchung wurde als eine kontrollierte Prä-Post-Interventionsstudie mittels Sekundärdaten konzipiert. Die Datengrundlage bildeten die identisch von 2006 bis 2012 berichteten und berechneten Qualitätsindikatoren der QB aus den Berichtsjahren 2006, 2008, 2010 und 2012. Für jeden Qualitätsindikator erfolgte eine Verknüpfung der Daten zusammengehöriger Krankenhäuser und multivariate Analysen in Form von mehrfaktoriellen Varianzanalysen mit Messwiederholungen. Anschließend erfolgte ein Vergleich mit Qualitätsindikatoren aus gleichen Leistungsbereichen, welche jedoch im Jahr 2006 nicht in die QB aufgenommen wurden, als Kontrollgruppe. Als Datenquelle dienten hierfür die Qualitätsreporte der BQS und des AQUA-Instituts der Jahre 2006 bis 2012.

Ergebnisse: Sechs von 2006 bis 2012 identisch berichtete Qualitätsindikatoren konnten in die Analysen eingeschlossen werden: Indikation (A) und Systemwahl (B) von Herzschrittmacher-Implantation, Antibiotikaprophylaxe bei Hysterektomien (C), Anwesenheit eines Pädiaters (D) und Antenatale Kortikosteroidtherapie (E) bei Frühgeburten und Ergebnisse bei PCI (F). Je nach Qualitätsindikator konnte eine verbundene Stichprobe mit 177 bis 650 Krankenhäusern (13-19% privat) erstellt werden. Alle Indikatoren verbesserten sich signifikant zwischen 2006 und 2012 (A-E: p<0,00, F: p<0,05). Bei den meisten Indikatoren fand der größte Anteil an Verbesserung zwischen 2006 und 2008, also direkt nach der Einführung der Veröffentlichungspflicht, statt. Lediglich bei dem Ergebnisindikator F) konnte nur eine signifikante Verbesserung im Zeitverlauf aufgedeckt werden. In die Kontrollgruppe konnten 31 Indikatoren einbezogen werden, wobei rund 60% eine tendenzielle Verbesserung zwischen 2006 und 2012 zeigten. Ein Vergleich der veröffentlichten mit nicht-veröffentlichten Indikatoren zeigte jedoch, dass die öffentlich berichteten QI die höchsten Verbesserungen insgesamt, aber auch besonders zwischen 2006 und 2008 erzielten. Bei keinem Qualitätsindikator konnten signifikante Unterschiede über die Jahre 2006 bis 2012 zwischen den Trägergruppen festgestellt werden.

Diskussion: Die Analyseergebnisse weisen auf einen positiven Effekt der öffentlichen Berichterstattung auf die Versorgungsqualität hin, welcher sich unabhängig von der Krankenhausträgerschaft darstellt. Zwar scheint eine generelle kontinuierliche Verbesserung der Versorgungsqualität zu bestehen, jedoch führt die Veröffentlichung von Qualitätsmerkmalen zu einer direkten und stärkeren Verbesserung der jeweiligen Indikatoren. Der Effekt kann allerdings nur hervorgerufen werden, wenn für die Indikatoren noch ein ausreichendes Verbesserungspotential vorliegt. Aufgrund der nur sechs untersuchbaren veröffentlichten QI und des Vergleichs mit Mittelwerten einer unverbundenen Stichprobe als Kontrollgruppe können nur Tendenzen einer allgemeinen Auswirkung der QB auf die Versorgungsqualität aufgezeigt werden.

Praktische Implikationen: Generell sollten nur Indikatoren erhoben und veröffentlicht werden, die ein ausreichendes Verbesserungspotential besitzen. Aufgrund der direkt nach der Veröffentlichung von Qualitätsindikatoren einsetzenden Verbesserungen und der oft schon kurzfristig erreichten weitgehenden Ausschöpfung des Verbesserungspotentials bietet sich an, die veröffentlichungspflichtigen Qualitätsindikatoren regelmäßig zu wechseln.