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Psychoendoprothetik: Bewältigung der Lebenskrise einer septischen Endoprothese
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2023 |
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Fragestellung: Was sind die Bewältigungsstrategien von Patienten mit einer infizierten Endoprothese und welche Bedürfnisse und Erwartungen gilt es zu adressieren?
Methodik: Prospektive thematische Analyse aus 40 teilstrukturierten Interviews (Follow-up nach vier Monaten) von Patienten mit einer infizierten Hüft- (n=11) oder Knieendoprothese (n=9).
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das Leben mit einer infizierten Endoprothese wird von Seiten der Patienten als ein schicksalhafter Krankheitsverlauf verstanden, welcher in retrospektiver Betrachtung auch anders hätte ablaufen können (90%). In der Mehrzahl der Fälle wurden anfängliche Symptome von ärztlicher Seite ignoriert (80%) und vereinzelt kam es zu Simulationsvorwürfen (26%). Durch den akuten Leidensdruck, welcher sich insbesondere durch den Ausschluss aus dem sozialen Leben und durch den Verlust der Autonomie charakterisiert, wird eine verminderte Lebenslust geäußert (46%) und in manchen Fällen suizidale Absichten thematisiert (23%). Die Hälfte der Patienten versteht sich in einem intermediären Zustand zwischen Genesung und permanenter Behinderung (46%), welcher auf gesellschaftlicher Ebene keine Anerkennung findet (bspw. Unmöglichkeit einen rollstuhlbehinderten Pass zu bekommen), was in weiterer Folge das alltägliche Leben zusätzlich erschwert. In 62% der Fälle wurde das Bedürfnis nach psychosozialer Unterstützung geäußert und alle, in einer Beziehung lebenden Patienten (46%), verwiesen auf die absolute Notwendigkeit der partnerschaftlichen Unterstützung im Umgang mit der Krankheit.
Der Leidensdruck von Patienten mit einer septischen Endoprothese gleicht denen von onkologischen Patienten, wenngleich aktuell keinerlei psychosoziale Unterstützungsangebote existieren. Die Gesprächsbereitschaft und der Wunsch nach Unterstützung ist weit verbreitet und sollte im klinischen Alltag aufgefasst werden. Dabei gilt es insbesondere alleinstehende Patienten zu berücksichtigen, welche mitunter weniger alltägliche Unterstützung erfahren. Die Etablierung von Peer-Support Netzwerken ist ein vielversprechendes Konzept, welches bereits innerhalb der Psychoonkologie existiert, und die Lebensqualität von Patienten mit infizierten Endoprothesen nachhaltig verbessern könnte.