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Hingefrakturen nach varisierender distaler Femurosteotomie als Auslöser der interfragmentären Torsionsinstabilität – eine biomechanische Analyse
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Veröffentlicht: | 25. Oktober 2022 |
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Fragestellung: Neben den gesicherten Risikofaktoren, wie Übergewicht und Rauchen, scheinen Hingefrakturen nach varisierender distaler Femurosteotomie (DFO), ein Risikofaktor für eine Knochenheilungsstörung des Osteotomiespaltes zu sein.
Ziele dieser biomechanischen Studie waren es, (1) den Einfluss einer Hingefraktur auf die Druck- sowie Torsionsstabilität des Knochen-Implantat-Konstruktes zu untersuchen und (2) die biomechanischen Vorteile einer zusätzlichen Osteosynthese im Bereich der Hinge nach varisierender DFO zu analysieren.
Methodik: An frischen, humanen Femora wurde eine lateral öffnende DFO (LOW-DFO, n = 10) und medial schließende DFO (MCW-DFO, n = 10) durchgeführt. Nach Fixierung mittels unilateraler winkelstabiler Plattenosteosynthese wurden für jede Form der varisierenden DFO seriell folgende Zustände getestet: 1) intakte Hinge (Nativ), 2) Hingefraktur (Defekt), 3) Zugschraube der Hingefraktur (Schraube) und 4) winkelstabile Platte der Hingefraktur (Platte). Die Konstrukte wurden in einer servohydraulischen Universalprüfmaschine (Model 8874, Instron GmbH, Darmstadt, Deutschland) einem zyklischen Belastungstest (10 Zyklen) einer kombinierten Druck- (400 N, 25 mm/sec, 1 Hz) und Torsionsbelastung (10 Nm, 1 °/sec, 0,2 Hz) unterzogen. Die Steigung der Kraft-Weg-Kurven lieferte die Steifigkeit des jeweiligen Konstruktes. Mittels optischen 3D-Messsystem (GOM Aramis, GOM GmbH, Braunschweig, Deutschland) wurden die interfragmentären Mikrobewegungen detektiert. Die Gruppen wurden mittels one-way ANOVA verglichen und die p-Werte durch die Bonferroni-Korrektur angepasst.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Eine intakte Hinge zeigte die höchste Primärstabilität der getesteten Knochen-Implantat-Konstrukte, wobei die mittlere Torsionssteifigkeit nach MCW- (12.7 ± 2.1 N/°) signifikant höher war als nach LOW-DFO (8.5 ± 1.9 N/°, p < 0.01). Hingefrakturen führten nach MCW- bzw. LOW-DFO zu einer signifikanten Zunahme der rotatorischen Dislokation über dem Osteotomiespalt (2,23 ± 0.5 mm bzw. 3.34 ± 0.06 mm) im Vergleich zur Nativ-Gruppe (0.05 ± 0.01 mm, p < 0.0001 bzw. 0.06 ± 0.01 mm, p < 0.0001). Die Verwendung einer Zugschraube bzw. Plattenosteosynthese führte zu einer signifikanten Erhöhung der Torsionssteifigkeit nach LOW-DFO (3.0 ± 0.7 N/°, p < 0.01 bzw. 5.8 ± 1.3 N/°, p < 0.001) im Vergleich zur Defekt-Gruppe, wobei für die MCW-DFO eine höhere Torsionssteifigkeit (4.1 ± 0.9 N/°, p < 0.001 bzw. 7.2 ± 1.4 N/°, p < 0.0001) gezeigt wurde. Im Vergleich zur Nativ-Gruppe konnte die additive Plattenosteosynthese nicht die rotatorische Stabilität nach MCW- (6.6 ± 1.8 mm, p < 0.01) sowie LOW-DFO (5.8 ± 1.6 mm, p < 0,001) wiederherstellen.
Die vollständige Integrität der Hinge gewährleistet sowohl nach MCW- als auch nach LOW-DFO die höchste biomechanische Primärstabilität. Die additive Plattenosteosynthese der Hinge reduziert die rotatorische Hypermobilität über dem Osteomiespalt, wobei die Ausgangsstabilität des Knochen-Implantat-Konstruktes mit intakter Hinge nicht wiederhergestellt werden konnte.