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Analyse von Bewegung der Halswirbelsäule und Kompression des Duralsacks während der Atemwegssicherung bei vorliegender atlanto-okzipitalen Instabilität
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Veröffentlicht: | 6. November 2018 |
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Fragestellung: Die traumatische Instabilität der oberen Halswirbelsäule (HWS) verursacht durch die atlanto-okzipitale Dislokation (AOD) ist eine schwerwiegende Verletzung mit hohen Risiko für eine Querschnittlähmung. Häufig besteht bei diesen Patienten die Indikation zur notfallmäßigen Atemwegssicherung. Es bleibt unklar, ob der Vorgang zur Sicherung des Atemwegs selbst das Rückenmark weiter schädigen kann.
Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Analyse der (i) Kompression des Duralsacks und (ii) der Gesamtbewegung in der HWS während der Atemwegssicherung bei Patienten mit einer AOD.
Methodik: In jeweils 6 frischen Humanpräparaten wurde eine ligamentäre AOD verursacht. In jedem Humanpräparat erfolgte die Atemwegssicherung mit Intubation nach Laryngoskopie und nach Videolaryngoskopie (King Vision® aBlade, Ambu, Bad Nauheim, Deutschland) sowie das Einführen eines Larynx-Tubus (LTS-D, Size 4, VBM Medizintechnik, Deutschland). Die Kompression des Duralsacks und die Bewegung im atlanto-okzipitalen Segment während des Vorgangs der Atemwegssicherung wurden mithilfe der Myelographie (Optiray, 300 mg/ml, Mallinckrodt, Deutschland) und der Durchleuchtung (Veradius C-Arm, Philips, Niederlande) analysiert. Die 3D-Gesamtbewegung der HWS wurde durch Bewegungsanalyse (Xsens Technologies, Enschede, Niederlande) ausgewertet. Die Fallzahlplanung und die statistische Auswertung erfolgten mit SPSS (IBM, USA).
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Intubation unter Laryngoskopie verursacht im Vergleich zur Kompression des Duralsacks bei stabiler HWS von 0,5 mm (Spannweite: 0,3–0,7 mm) eine signifikante Zunahme der Kompression des Duralsacks von 1.6 mm (0,6–1,9 mm; p=0.028) bei vorliegender AOD. Die Videolaryngoskopie und das Einführen eines Larynx-Tubus verursachen keine Zunahme der Kompression des Duralsacks (p=0,116 und p=0,173). Die Bewegung im atlanto-okzipitalen Segment zeigt keine Unterschiede in Abhängigkeit von der verwendeten Atemwegssicherung. Die 3D-Gesamtbewegung der HWS ist bei der Laryngoskopie und der Videolaryngoskopie deutlich größer als bei der Einführung eines Larynx-Tubus.
Bei vorliegender AOD kommt es beim Vorgang der Atemwegssicherung unter Laryngoskopie zur deutlichen Zunahme der Gesamtbewegung der HWS und zur Zunahme der Kompression des Duralsacks. Es bleibt fraglich, ob eine Kompression des Duralsacks um bis zu 1,9 mm auf der Höhe der atlanto-okzipitalen Verbindung eine Verletzung des Rückenmarks hervorrufen kann. Auf Grund der großen individuell unterschiedlichen Ausprägungen des subarachnoidalen Raumes [1] und auf Grund der geringeren Toleranz einer Kompression des Duralsacks bei bereits vorliegender Schädigung des Rückenmarks [2] kann eine sekundäre Schädigung des Rückenmarks durch die Laryngoskopie nicht sicher ausgeschlossen werden. Der Larynx-Tubus sollte als Alternative der Atemwegssicherung bei diesen Patienten in Erwägung gezogen werden.
Literatur
- 1.
- Zaaroor M, Kósa G, Peri-Eran A, Maharil I, Shoham M, Goldsher D. Morphological study of the spinal canal content for subarachnoid endoscopy. Minim Invasive Neurosurg. 2006 Aug;49(4):220-6.
- 2.
- Batchelor PE, Wills TE, Skeers P, Battistuzzo CR, Macleod MR, Howells DW, Sena ES. Meta-analysis of pre-clinical studies of early decompression in acute spinal cord injury: a battle of time and pressure. PLoS One. 2013 Aug 23;8(8):e72659. DOI: 10.1371/journal.pone.0072659