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„Subakute“ Beugesehnenscheidenirritation – Pseudoinfektion in der Hand: Fallbeispiel
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Text
Fragestellung: In der Sprechstunde stellte sich ein 16-jähriger Patient mit zwei von vier positiven Kanavel-Zeichen erstmalig vor: persistierende, starke Schwellung und Druckdolenz im Bereich der Beugesehnenscheide des D III palmar bis zur Hohlhandmitte reichend. Extension und Flexion sind jedoch endgradig nahezu schmerzfrei möglich; eine Beugestellung des Fingers bestand nicht. Der Finger war nicht überwärmt. In der Anamnese findet sich eine singuläre kleine oberflächliche Verletzung des D III palmar, vor 3 Monaten beim Überklettern einer Freibadhecke, mit reizlosem Heilungsverlauf.
Sollte bei diesem Befund eine operative Therapie der konservativen Therapie Vorzug gegeben werden?
Methodik: Intraoperativ zeigte sich eine massive Synovialitis im Bereich der Beugesehnenscheide (Saegesser-Michon-Stadium II). Distal des A3- Ringbandes fand sich ein ca. 2mm langer Fremdkörper (Dorn) in der FDP-Sehne. Debridement und Lavage, anschließende Ruhigstellung für 5 Tage. Beschwerdefreie Ausheilung nach Abschluss der Therapie.
Der mikrobiologische Befund der intraoperativ erhobenen Wundabstriche ergab ein negatives Ergebnis.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Auf dezidierte Nachfrage bringt der Patient einen Zweig der Schwarzdornhecke (Prunus spinosus) mit, an der er sich die Verletzung zuzog. Diese Pflanzenart bildet zur Abwehr Phytoalexine, niedermolekulare antimikrobielle und fungizide chemische Verbindungen, als de novo- Reaktion auf eine Infektion mit Mirkroorganismen. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl von Verbindungen aus diversen Stoffklassen wie z.B. Flavonoide, Terpenoide, Alkaloide, Isoflavone. In der Literatur sind nur wenige Fälle pseudoinfektiöser Beugesehnenscheidenentzündung nach Verletzung mit Yuccapalme, Feuerdorn, Dattelpalme, Schwarzdorn und Rosenbusch beschrieben (W.J. Theuvenet et al., Eur J Plast Surg, 2000).
Bis zu 40% der Abstriche aus akuten Sehnenscheideninfektionen ergeben einen negativen mikrobiologischen Befund. Pflanzenstachelverletzungen sind relativ häufig. Daher muss bei untypischen, chronisch verlaufenden Beugesehnenscheidenentzündungen besonders an die Möglichkeit der Pseudoinfektion durch Phytoalexine gedacht werden. Nur eine ausführliche Anamnese, neben der klinschen Untersuchung, kann bei der Entscheidung zur frühzeitigen operativen Exploration helfen. Diagnostik wie Röntgen, Sonographie und sogar MRT ist bei kleinen Fremdkörpern meist nicht hilfreich. Die einzig wirkungsvolle Therapie der „subakuten“ Beugesehnenscheiden-Pseudoinfektion durch Phytoalexine ist die Fremdkörperexstirpation.