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Ist die Bandnaht nach traumatischer Kniegelenksluxation noch state of the art? Eine Metaanalyse basierend auf individuellen Patientendaten
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2010 |
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Fragestellung: Die Therapie der Kniegelenksluxation wird nach wie vor kontrovers diskutiert, die derzeit vorhandenen Daten basieren auf Studien mit meist niedriger Evidenz. Nach wie vor nicht geklärt ist die Frage der primären Naht versus primärer Rekonstruktion von VKB und HKB. Ziel der Studie war es zu klären, ob mit der Bandnaht die gleichen klinischen Ergebnisse erzielt werden können wie mit der Bandrekonstruktion.
Methodik: Die Datenbanken Medline, COCHRANE und EMBASE wurden nach den Stichworten "knee dislocation" und "multiple ligament injured knee" durchsucht. Eingeschlossen wurden nur Patienten, die in der Klassifikation der Knieluxation nach Schenk einen Typ II, III oder IV erlitten hatten. Erfasst wurden Patientenalter, Geschlecht, Unfallursache, Anzahl und Art der verletzten Bandstrukturen, neurovaskuläre Verletzungen, Zeit von Unfall bis zur OP, Art der operativen Versorgung sowie Zeitpunkt des follow up. Zur Evaluation des klinischen Ergebnisses wurde der Lysholm und der IKDC Score verwendet. Zum Vergleich der Scores wurde die Graduierung „excellent“, „good“, „fair“ und „poor“ verwendet.
Die erhobenen Daten wurden mittels Metaanalyse auf Basis individueller Patientendaten evaluiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: 9 Artikel mit 215 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 31,4 (13–66) Jahren konnten in die Studie eingeschlossen werden. Der Zeitraum vom Unfall bis zur Operation betrug durchschnittlich 84,8 (0–1.055) Tage. In 13 Fällen fand sich ein Typ II, 84 mal ein Typ III medial, in 63 Fällen ein Typ III lateral und in 40 Fällen ein Typ IV nach Schenk. Die Seitenbänder wurden von den meisten Autoren mittels Bandnähten versorgt, so dass hier keine exakten statistischen Analysen hinsichtlich unterschiedlicher Behandlungskonzepte möglich waren. Patienten, bei denen das ACL als auch das PCL unversorgt blieben (n=20) zeigten in 80% der Fälle ein mäßiges oder schlechtes Ergebnis. Patienten (n=37), bei denen das ACL und das PCL mittels Bandnähten versorgt wurden zeigten in 68% der Fälle ein excellentes und in 22% der Fälle ein gutes Ergebnis (p<0,001). Bei Patienten, bei denen die Rekonstruktion des ACL und PCL erfolgte, zeigte sich in 48% der Fälle ein excellentes und in 29% der Fälle ein gutes Ergebnis (p<0,001). Im direkten Vergleich zeigte sich jedoch ein statistisch signifikanter Vorteil der Rekonstruktion gegenüber den Bandnähten (p<0,05). Die isolierte Naht des hinteren Kreuzbandes (n=27) hatte keinen signifikanten Einfluss auf das Endergebnis (p>0,05). Durch eine steigende Anzahl operativer Eingriffe wurde das klinische Ergebnis signifikant ungünstig beeinflusst (p<0,05).
Bei der akuten, traumatischen Knieluxation können mit Bandnähten gute klinische Ergebnisse erzielt werden, vor allem wenn sämtliche verletzte Strukturen rekonstruiert werden. Ein geplantes zweizeitiges Vorgehen ohne primäre Versorgung der Kreuzbänder ist nicht sinnvoll. Ob bestimmte Verletzungsmuster sich eher für die Bandnaht oder die Rekonstruktion eignen sollte mit prospektiv randomisierten Studien geklärt werden.