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Eine Verlängerung der Lebensdauer von aktivierten neutrophilen Granulozyten in vivo ist protektiv während Sepsis, aber fatal während einer systemischen Inflammation
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Veröffentlicht: | 9. Oktober 2007 |
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Polymorphkernige neutrophile Granulozyten (PMN) spielen eine bedeutsame Rolle in der Eliminierung von Mikroorganismen. Aktivierte PMN können jedoch auch an der Entwicklung von Organschädigungen, wie der Lungendysfunktion im Rahmen des Organversagens beim „Systemic Inflammatory Response Syndrome“ (SIRS) beteiligt sein. Eine genaue Abschätzung dieser entgegengesetzten protektiven bzw. schädlichen Funktionen der PMN gelingt jedoch bis dato nicht.
Männliche transgene Mäuse (Bcl-2m), die das anti-apoptotische Protein Bcl-2 in PMN exprimieren und Kontrollmäuse (C57Bl/6) wurden einem hämorrhagischem Schock (HEM) unterworfen, gefolgt entweder von polymikrobieller Sepsis (zökale Ligatur und Punktion (CLP)) oder SIRS (intraperitoneale Injektion von Lipopolysaccharid). PMN die Bcl-2 überexprimieren weisen eine deutlich verlängerte Lebensdauer im Vergleich zu Kontrollgranulozyten auf. Der Schweregrad der akuten Lungenverletzung wurde anhand der Proteinkonzentration in der bronchoalveolären Lavage und histologisch erfasst. Zytokine der Lunge (TNF-a, IL-6, MCP-1, KC, MIP-2) wurden mittels Durchflussanalyse (Bead Array Technik) gemessen. Pulmonale Myeloperoxidaseaktivität diente zur Erfassung der PMN-Extravasation in die Lunge. Signifikanz bei p<0,05, One-Way-ANOVA, Fisher Exact Test für Überlebenskurven.
Während einer Sepsis wiesen Bcl-2m im Vergleich zu C57Bl/6 eine verlängerte pulmonale PMN-Extravasation sowie eine signifikant erniedrigte Anzahl von Bakterien in der Lunge auf. Damit assoziiert war eine signifikant höhere Überlebenswahrscheinlichkeit für Bcl-2m in der frühen Phase während Sepsis. Eine durch die verlängerte pulmonale Präsenz der PMN bedingte Verschlimmerung der Lungenverletzung war nicht nachweisbar. Im Gegensatz hierzu zeigten Bcl-2m während SIRS deutlich schwerer Verläufe der akuten Lungenverletzung einschließlich erhöhter pulmonaler Zytokinkonzentrationen im Vergleich zu C57Bl/6. Ebenso wiesen Bcl-2m eine signifikant erniedrigte Überlebenswahrscheinlichkeit nach SIRS auf.
Protektive und schädliche Effekte von durch hämorrhagischem Schock aktivierten PMN scheinen durch die Art des zugrundeliegenden Krankheitsbildes (Sepsis vs. SIRS) bedingt zu sein. Während einer Sepsis bedingt eine verlängerte Überlebensdauer von aktivierten PMN eine Erniedrigung der pulmonalen Bakterienanzahl, was mit einer erhöhten Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert ist. Während SIRS, i.e. Inflammation ohne bakterielle Komponente, sind hyperinflammatorische Effekte für den Verlauf prognostisch ungünstig. Bei verlängerter Präsenz der PMN in der Lunge ist hier eine Verschlimmerung des Schweregrades der akuten Lungenverletzung sowie eine erniedrigte Überlebenswahrscheinlichkeit zu verzeichnen. Eine therapeutische Verwendung von genetisch alterierten PMN mit verlängerter Lebensdauer in vivo sollte aufgrund dieser Ergebnisse für die Sepsis evaluiert werden. Bei Vorliegen von SIRS könnten solche Therapieansätze jedoch fatale Konsequenzen besitzen.