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67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie

11. bis 16.11.2003, Messe/ICC Berlin

Posttraumatischer Kniegelenksersatz

Kurzbeitrag (DGU 2003)

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  • U. Holz - Stuttgart

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie. 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, 89. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und 44. Tagung des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie. Berlin, 11.-16.11.2003. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2003. Doc03dguA17-5

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgu2003/03dgu0126.shtml

Veröffentlicht: 11. November 2003

© 2003 Holz.
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Gliederung

Text

Posttraumatische Arthrosen nach intraartikulären Frakturen des distalen Femur und der proxi-malen Tibia führen nicht selten zu schmerzhafter Funktionseinschränkung des Kniegelenkes, zu Achsenabweichungen und mitunter auch zur Instabilität. Von 131 Tibiakopffrakturen wiesen nach durchschnittlich 7,6 Jahren 44% eine Arthrose auf [1].

Wie andere Gonarthrosen werden die posttraumatischen heute vorwiegend endoprothetisch versorgt. Es gibt wenige Studien zum Verlauf und zu den Ergebnissen dieses Verfahrens.

Der Anteil der posttraumatischen Arthrosen ist bei Patienten unter 50 Jahren, die mit Knieendoprothesen versorgt werden, höher. In der Altersgruppe zwischen 37 und 50 Jahren fanden sich bei 75 Patienten mit Knieendoprothesen 27 posttraumatische, 19 rheumatische und 17 genuine Arthrosen. Die restlichen 12 betrafen seltenere Erkrankungen, die zur Gelenkdestruktion führten [2].

In anderen Studien zur Knieendoprothese liegt der Anteil der posttraumatischen Arthrosen eher unter 10% [3], [4].

Berichte über Knieendoprothesen nach distalen Femurfrakturen sind noch seltener. So wurden in der Mayo-Klinik zwischen 1980 und 1998 lediglich 47 Patienten nach distalen Femurfrakturen mit Endoprothesen versorgt [5].

Die retrospektiven Studien zur Knieendoprothese bei posttraumatischer Arthrose beweisen eine Verbesserung der Funktion und eine Reduktion der Schmerzen. Der Prozentsatz der exzellenten und guten Ergebnisse ist aber geringer im Vergleich zu Knieendoprothesen nach

Arthrosen anderer Ursache. [Abb. 1]

Einhellig wird das höhere Risiko der perioperativen Komplikationen herausgestellt [6], [2], [7], [8]. [Abb. 2]

Höhere Infektionsrate

Für die höhere Infektionsrate bei posttraumatischen Arthrosen werden verletzungs- und operationsbedingte Weichteilschäden und Narben verantwortlich gemacht. Dies insbesondere nach Tibiakopffrakturen. Schon bei der Frakturversorgung ist hier der Schaden am Weichteilmantel Ursache höherer Raten von Wundheilungsstörungen. Im Hinblick auf eine spätere Endoprothesenoperation sind bei der Versorgung von Tibiakopffrakturen anatomisch günstige Zugänge und Implantate (nicht zu viel Metall!) zu wählen; z.B. längere Mittelschnitte zur Operation von bikondylären Trümmerfrakturen, die mit weniger invasiven oder gar perkutanen Operationsmethoden weder reponiert noch zuverlässig stabilisiert werden können. Vor der Knieendoprothesenimplantation nach Frakturen des Kniegelenkes sollte durch Kniepunktion eine okkulte Bakterienbesiedelung ausgeschlossen bzw. identifiziert werden.

Verankerungslager

Nach Tibiakopffrakturen, selten nach distalen Femurfrakturen, resultieren Knochendefekte, zum Teil auch Pseudoarthrosen. Bei der Prothesenimplantation muß eine solide Verankerung erreicht werden. Dazu ist mitunter ein Knochenaufbau mit autogenem Transplantat oder mit Metallunterlagen nötig. Gelingt beim Probesitz keine solide Verankerung einer Oberflächenprothese, so sind stielverankerte Komponenten auszuwählen, die mittlerweise in großer Versatilität zur Verfügung stehen.

Eine zementfreie Verankerung ist nur bei optimalem Oberflächenkontakt sinnvoll. Überwiegend wird die Knieendoprothese auch bei posttraumatischen Arthrosen mit Zement verankert.

Bandinstabilität

Liegt eine Bandinstabilität vor, so muß ein „Balancing" stattfinden durch subperiostale Ablösung auf der Gegenseite, wie dies auch sonst geschieht. Ist dies nicht erfolgreich, so muß eine stabilere Koppelung der Gelenkkomponenten ausgewählt werden (constrained prosthesis, Scharnierprothese).

Streckapparat

Für die gute Funktion ist eine intakte Patellar- und Quadrizepssehne sowie ein korrektes Gleiten der Patella in der Femurfurche unverzichtbar. Diese Strukturen sind zu überprüfen und gegebenenfalls durch Augmentationsverfahren zu verbessern (Sehnentransfer, Transposition der Tuberositas tibiae, Kapsellösung, McLaughlin-Schlinge).

Flächenhafte Narben

Posttraumatische Arthrosen mit starken Achsenabweichungen und ausgedehnten Narbenfeldern bedürfen bei der Endoprothesenimplantation einer besonders umsichtigen Planung. Die angestrebte Achsenkorrektur kann zu hoher Spannung im Narbenfeld und zur Nekrose führen. Ein lokaler Lappentransfer (Musculus gastrocnemius) und/oder Entlastungsschnitte und Defektdeckungen z.B. mit Meshgraft sollten beherrscht werden. Selten sind vorgängig zur Endoprothesenoperation Verpflanzungen von Fernlappen nötig.

Schlußfolgerung

Zur Knieendoprothese nach Frakturen des Kniegelenkes gibt es wenig Studien, jeweils mit relativ geringen Fallzahlen. Die vorliegenden mittelfristigen Ergebnisse sind schlechter als die Resultate bei nicht traumatischer Arthrose. Traumafolgen am Weichteilmantel sind bedeutsam für die höhere Rate von Wundheilungsstörungen und Infektion. Die posttraumatische Instabilität bestimmt den Prothesentyp.


Literatur

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Honkonen SE 1995: Degenerative arthritis after tibial plateau fractures. J Orthop Trauma 9, 273-277.
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