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Schulsportteilnahme bei Kindern und Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA): Trends und Korrelate im Zeitraum 2000 bis 2015
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Veröffentlicht: | 4. September 2017 |
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Einleitung: Obwohl regelmäßige sportliche Freizeitaktivitäten JIA-spezifische Symptome mindern können, sind heranwachsende JIA-Patienten weniger körperlich und sozial aktiv als ihre gesunden Altersgenossen. Unberührt von Aktivitäten in der Freizeit, gilt das Schulsetting als ein wichtiges soziales Handlungsfeld und Chance auch vulnerable Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Regelmäßige Teilnahme am Schulsport (SP) kann dabei einen Beitrag leisten, den empfohlenen täglichen Bewegungsumfang zu erfüllen und Eigenschaften für einen langfristig ausgelegten aktiven Lebensstil zu vermitteln. Demnach sollte erfasst werden, a) wie sich die Teilnahmeraten am SP bei Kindern und Jugendlichen mit JIA über die letzten anderthalb Dekaden entwickelt haben, und b) welche gesundheitsrelevanten Parameter im Zusammenhang mit der Schulsportbefreiung stehen.
Methoden: Im Rahmen der Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) der Jahre 2000 bis 2015 wurde eruiert, wie häufig Schulkinder mit JIA am SP teilnehmen (Angabe: immer/manchmal nicht/oft nicht/nie). Zur Ermittlung von Korrelaten der Schulsportbefreiung dienten Daten der Kinder-KD 2015, die sowohl klinische als auch selbstberichtete Patientendaten enthielten. Die statistische Auswertung erfolgte unter Verwendung linearer gemischter Modelle sowie Regressionsanalysen.
Ergebnisse: Im Zeitraum 2000 bis 2015 konnten insgesamt 34.669 Fälle aus über 60 kinderrheumatologischen Einrichtungen ausgewertet werden. Während der Anteil der Patienten mit kompletter Sportbefreiung von 52% in 2000 auf 16% in 2015 sank (β = -0.014 (95% Konfidenzintervall (KI) -0.017; -0.012)), stieg der Anteil derer, die angaben, „immer“ am Schulsport teilzunehmen im gleichen Zeitraum von 22% auf 64% an (β = 0.023 (95% KI 0.020; 0.026)). Für das Jahr 2015 wurden Daten von 5.879 Kindern und Jugendlichen mit JIA (65% Mädchen, 37% persistierende Oligoarthritis) analysiert. In multivariaten Analysen standen die Funktionseinschränkung (C-HAQ; Odds Ratio (OR) 1.85 (95% KI 1.39; 2.45)), die Krankheitsaktivität (cJADAS-10; OR 1.08 (95% KI 1.03; 1.13)) sowie das Erkrankungsalter (OR 1.03 (95% KI 1.00; 1.06)) im signifikanten Zusammenhang mit der Schulsportbefreiung. Patienten mit persistierender Oligoarthritis (OR 1.36 (95% KI 1.07; 1.73)) sowie Patienten unter DMARD- (OR 1.70 (95% KI 1.33; 2.19)), intraartikulärer Glukokortikoid- (OR 1.52 (95% KI 1.08; 2.15)) oder Physiotherapie (OR 1.27 (95% KI 1.01; 1.60)) waren signifikant häufiger vom Schulsport vollbefreit.
Schlussfolgerung: Der Anteil am Schulsport regelmäßig teilnehmender Kinder und Jugendlicher mit JIA stieg im Zeitraum 2000 bis 2015 kontinuierlich an, vorrangig durch den parallel verlaufenden Rückgang ausgestellter Vollbefreiungen. Naheliegende Erklärungen beinhalten eine verbesserte Funktionsfähigkeit und geringere Krankheitsaktivität, insbesondere infolge einer verbesserten Versorgung und einer effektiveren Krankheitskontrolle durch DMARDs. Da bekanntlich auch Bewegungsinterventionen Verbesserungen der gesundheitlichen Lebensqualität induzieren können, besitzt eine regelmäßige Schulsportteilnahme wahrscheinlich zusätzliche Relevanz für die angestrebte Reduktion der Krankheitslast.
Die Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher wird von der Deutschen Kinderrheuma-Stiftung finanziell unterstützt.