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Zu viel oder zu wenig? Eine explorative Studie zum Autonomiebedürfnis von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen in der ambulanten Versorgung
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Veröffentlicht: | 29. August 2016 |
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Hintergrund: Die Beteiligung von Patienten an therapeutischen Entscheidungen im Sinne des „Shared Decision Making“ (SDM) wird in aktuellen Leitlinien als Grundprinzip der medizinischen Versorgung verstanden. Messbare positive Effekte des SDM auf gesundheitsbezogene Outcomes konnten laut aktueller systematischer Reviews jedoch nur teilweise belegt werden.
Diese Befunde resultieren möglicherweise aus dem bisher häufig nicht beachteten, individuell jedoch sehr unterschiedlichen Autonomiebedürfnis der Patienten, d.h. deren Bedürfnis nach Information und Partizipation. Bei Berücksichtigung dieser Bedürfnisse wurden dagegen positive Effekte auf Patientenzufriedenheit, Therapieadhärenz und das Behandlungsergebnis nachgewiesen.
Bisherige SDM-Studien bei rheumatischen Erkrankungen fokussierten hauptsächlich auf medikamentöse Therapien. Aufgrund der geringen Adhärenz vieler Betroffener auch hinsichtlich nicht-medikamentöser Therapien und lebensstilbezogenen Verhaltensempfehlungen stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise eine stärkere Einbeziehung der Patienten auch für diese Behandlungsformen positive Effekte entfalten könnte.
Forschungsbedarf: Das SDM als vielversprechender Interventionsansatz scheint insbesondere unter Berücksichtigung des individuellen Autonomiebedürfnisses der Patienten eine positive Wirkung auf die Therapieadhärenz und patientenbezogene Outcomes zu entfalten. Die Exploration situativer und personenbezogener Einflussfaktoren dieses Autonomiebedürfnisses sowie der wichtigsten und vulnerabelsten Entscheidungssituationen im Krankheitsverlauf kann Aufschluss darüber geben, wie Rheumatologen dem hohen Anspruch des SDM bei Therapieentscheidungen am besten und effektivsten begegnen können – oder ob in bestimmten Situationen und/oder von bestimmten Personen eher ein Kommunikationsstil ohne Entscheidungsbeteiligung präferiert wird.
Ziele der Studie: Zur verbesserten Patientenorientierung in der ambulanten Versorgung von Betroffenen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen werden folgende Ziele formuliert:
- Exploration der wichtigsten Entscheidungssituationen im Krankheitsverlauf (Z1),
- Identifizierung situativer und personenbezogener Einflussfaktoren auf das Autonomiebedürfnis (Z2),
- Analyse der Übereinstimmung des Autonomiebedürfnisses und der tatsächlich erlebten Information/Partizipation (Z3) und
- Berechnung der kurzfristigen Effekte dieser Übereinstimmung (vs. des Ausmaßes des SDM allein) auf Patientenzufriedenheit, Therapieadhärenz und Behandlungsergebnis (Z4).
Vorgehen: In einer multizentrischen Studie werden erwachsene Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis, Spondyloarthritiden oder Kollagenosen zu einem (1. Studienphase; Ziele Z1+Z2; Selbsthilfegruppen-Mitglieder) bzw. zwei Messzeitpunkten im Abstand von 12 Wochen (2. Studienphase; Ziele Z3+Z4; ambulante rheumatologische Patienten) schriftlich befragt.
Studienlaufzeit: 06/2016 – 01/2018
Ausblick: Die Studienergebnisse dienen als Grundlage für die Entwicklung eines praxistauglichen Screenings des patientenseitigen Autonomiebedürfnisses und für die Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen für Rheumatologen. Durch die angestrebte verbesserte Patientenorientierung soll auch die Steuerung der knappen Ressourcen im Praxisalltag optimiert werden.